Transitverkehr: Keine Lösung in Sicht

Der Lkw-Verkehr in Tirol hat im vergangenen Jahr erneut zugenommen.
Der Lkw-Verkehr in Tirol hat im vergangenen Jahr erneut zugenommen.(c) imago/Roland Mühlanger
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Rund 2,25 Millionen Lkw fuhren 2017 über den Brenner. Tirol will diese Zahl mit diversen Maßnahmen wie etwa Blockabfertigungen senken, was wiederum von Deutschland kritisiert wird.

Innsbruck. Am Montag war es wieder einmal so weit. Bei der Ausfahrt Kufstein-Nord der Inntalautobahn (A12) nahe der Grenze zu Deutschland wurde eine Blockabfertigung für Lkw durchgeführt. Pro Stunde durften also nur 250 bis 300 Lkw durchfahren. Damit sollen Staus auf der A12 und vor allem im Großraum Innsbruck verhindert werden. Was auch funktioniert hat, allerdings wurde der Stau lediglich auf die deutsche Seite verlagert.

Denn bereits in den Morgenstunden kam es zu umfangreichen Staus (teilweise bis zu 30 Kilometer lang) auf der bayerischen A93 von Rosenheim in Richtung Kiefersfelden – was erwartbar war und weswegen Bayern auch schon wiederholt Sturm gegen diese Maßnahme lief: Österreich verstoße mit den Blockabfertigungen klar gegen den EU-Grundsatz des freien Warenverkehrs, zudem sei die Verkehrssicherheit gefährdet, lautet die Argumentation.

EU fordert gemeinsame Lösung

Die EU hingegen zeigt Verständnis für das Vorgehen Tirols, da es sich um keine systematische Beschränkung des Schwerlastverkehrs handle und „die Maßnahme auf Zeiträume erhöhten Aufkommens an Schwerlastverkehr an Tagen nach Feiertagsfahrverboten beschränkt“ sei. Dennoch fordert sie alle Beteiligten auf, eine gemeinsame, nachhaltige Lösung für diese „regionale Herausforderung“ zu finden, damit der Konflikt um den Transitverkehr in Tirol zu keiner unendlichen Geschichte wird.

Ein entsprechender Brenner-Transit-Gipfel soll am 5. Februar stattfinden. Bereits am 15. Jänner will Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) bei einem Euregio-Verkehr-Gipfel die Transitproblematik mit dem italienischen Verkehrsminister und den Landeshauptleuten aus Südtirol und dem Trentino diskutieren. Eine rasche Lösung des Problems dürfte aber keines dieser Treffen bringen, zu unterschiedlich sind die politischen Interessen.

Tirol will den Transitverkehr jedenfalls mit mehreren Maßnahmen wie etwa dem sektoralen Fahrverbot für Lkw mit Müll- und Schrottlast (also nicht verderblicher Ware), Geschwindigkeitsbegrenzungen in der Nacht und regelmäßigen Blockabfertigungen nach Feiertagsfahrverboten reduzieren. Dennoch zeigen die jüngsten Verkehrszahlen für das Jahr 2017, dass der Schwerverkehr über den Brenner erneut um acht Prozent zugenommen hat. An der Zählstelle in Schönberg wurden mehr als 2,25 Millionen Lkw registriert, teilte das Land in einer Aussendung mit. „Unsere Prognose von 2,2 Millionen Lkw wurde sogar übertroffen“, sagt Platter, der als weitere Maßnahme zur Entlastung des Brenners vor allem eine Korridormaut von München nach Verona fordert – also die Angleichung der Mauttarife zwischen München und Verona auf den Tiroler Tarif, den wiederum die Bundesregierung erhöhen soll.

Dadurch sollen Lkw nicht – wie derzeit – auf der günstigsten Route über den Brenner, sondern auf der kürzesten über die Schweiz oder Frankreich fahren. Um die Mauttarife von München bis Verona anzuheben, müssten also Österreich, Deutschland und Italien an einem Strang ziehen. Darüber hätte bereits gestern, Montag, bei einem Treffen mit Verantwortlichen aus Deutschland und Italien verhandelt werden sollen, dieser wurde aber vom deutschen Verkehrsminister, Christian Schmidt (CSU), kurzfristig abgesagt. Der 5. Februar ist nun der Ersatztermin.

Dann erwartet sich Platter „endlich Taten“ seitens Deutschlands. Nicht nur, was die Korridormaut angeht, sondern auch bei der Stärkung der rollenden Landstraße. Bis dahin werde Tirol jedenfalls weiterhin an Maßnahmen wie der Durchführung der Lkw-Blockabfertigungen an bestimmten Tagen festhalten, um die Verkehrs- und Versorgungssicherheit aufrechtzuerhalten.

Halbierung der Lkw als Ziel

„Bis zum Jahr 2021 müssen wir den Umwegtransit von aktuell 800.000 auf 400.000 Lkw halbieren“, gibt Platter als Ziel aus. Aktuell würden rund 30 Prozent des gesamten Güterschwerverkehrs auf der Schiene abgewickelt werden. Bis 2030, vier Jahre nach Fertigstellung des Brennerbasistunnels, sollen 50 Prozent auf die Schiene verlagert sein. „Bis zum Jahr 2035 müssen wir uns auf 60 Prozent steigern.“ Und bis 2040 sollen schließlich zwei Drittel des Schwerverkehrs auf der Schiene rollen.

Auf einen Blick

Transit. Die Verkehrszahlen für 2017 zeigen, dass der Schwerverkehr über den Brenner erneut um acht Prozent zugenommen hat. Mehr als 2,25 Millionen Lkw wurden registriert. Tirol will den Transitverkehr mit Maßnahmen wie dem sektoralen Fahrverbot für Lkw mit Müll- und Schrottlast und Blockabfertigungen nach Feiertagsfahrverboten reduzieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2018)

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