Peter Pilz wird demnächst in den Nationalrat zurückkehren. Offen ist, wer innerhalb der Liste Pilz Platz machen muss. SPÖ und Neos befürchten, dass es sich um eine Frau handeln wird. Ausgerechnet.
Wien. Nicht nur, aber vor allem Kolleginnen anderer Parteien trauten am Sonntag ihren Ohren nicht, als die Liste Pilz bekannt gab, dass Peter Pilz demnächst auf die politische Bühne zurückkehren wird. Nationalratsmandat inklusive. „Ich finde es irritierend, wenn die Partei glaubt, dass bereits Gras über die Sache gewachsen ist“, sagte SPÖ-Frauengeschäftsführerin Andrea Brunner zur „Presse“. Auch Neos-Frauensprecherin Claudia Gamon konnte es nicht fassen: Die Vorwürfe gegen Peter Pilz seien „nicht einmal ansatzweise aufgeklärt“, schrieb sie auf Twitter. „Jetzt soll er wieder in den Nationalrat? Ist sowas jetzt wirklich schon wurscht geworden?“
Nach der Nationalratswahl im Oktober, die der Liste Pilz über vier Prozent und damit den Parlamentseinzug beschert hat, war bekannt geworden, dass mehrere Frauen Peter Pilz beschuldigen, sie sexuell belästigt zu haben. Der ehemalige Grünen-Politiker beteuerte seine Unschuld, verzichtete aber auf sein Nationalratsmandat und kündigte an, sich für geraume Zeit aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen.
Innerhalb der Liste Pilz ist man nun offenbar zu dem Schluss gekommen, dass eine rund dreimonatige „Cooling-off-Phase“ ausreichend ist. Bei einer Klausur am Freitag und Samstag in Mauerbach sprach sich der Parlamentsklub „einstimmig und einvernehmlich“ für das Comeback aus. Wohl auch, weil die Partei zwar über profunde Experten auf den unterschiedlichsten Gebieten verfügt, mit Peter Pilz aber das Hauptargument für fast alle ihrer Wähler verloren hat. Es geht also um das politische Überleben. Und dafür braucht die Liste Pilz ihren 63-jährigen Namensgeber, Vorwürfe hin oder her.
Offen blieb zunächst, wann genau Peter Pilz ins Parlament zurückkehren wird. Und wer Platz für ihn machen muss. Da gebe es mehrere Varianten, erklärten Klubchef Peter Kolba und Listen-Mitbegründer Alfred Noll bei einer Pressekonferenz am Sonntag. Entweder Pilz verlangt das steirische Mandat zurück, das er Martha Bißmann überlassen hat. Oder jemand, der über die Bundesliste ins Parlament gekommen ist, überlässt ihm seinen Sitz. Laut Noll kämen sechs der acht Pilz-Abgeordneten dafür infrage, auch er selbst. Nur Peter Kolba und die frühere SPÖ-Politikerin Daniela Holzinger seien gesetzt.
Es sei anzunehmen, „dass eine Frau auf ihr Mandat verzichten muss, damit Belästiger Pilz wieder in den Nationalrat zurück kann“, schrieb Neos-Frauensprecherin Claudia Gamon auf Twitter. Auch in der SPÖ befürchtet man, dass es eine der vier Mandatarinnen treffen könnte: „Aus meiner Sicht wäre das mehr als fraglich“, so Vize-Bundesgeschäftsführerin Andrea Brunner.
„Radikaler für Umverteilung eintreten“
Die Entscheidung könnte sich noch einige Monate hinziehen, bis in den Sommer hinein oder darüber hinaus, meinte Peter Kolba, der gern Klubobmann bleiben würde. Einstweilen werde sich Pilz aber schon ins Tagesgeschäft der Partei einmischen (sofern er das nicht ohnehin die ganze Zeit getan hat). Am Samstag nahm er bereits an der Klubklausur teil und trug die Beschlüsse mit. So wird sich die Liste Pilz umbenennen, der neue Name soll in einem „partizipatorischen Prozess“ (Kolba) gesucht werden.
Inhaltlich will man sich neben Informationsfreiheit und Umwelt vor allem auf den Themenkomplex „soziale Gerechtigkeit“ konzentrieren. Die Liste Pilz werde „sehr viel radikaler“ werden und entschlossener für Umverteilung eintreten, kündigte Alfred Noll an. Den Anfang soll ein Gegenmodell zum 1500-Euro-Familienbonus der Regierung machen. Peter Pilz selbst war am Sonntag nicht für eine Stellungnahme erreichbar.
AUF EINEN BLICK
Acht Abgeordnete sitzen für die Liste Pilz im Nationalrat. Peter Kolba und Daniela Holzinger sollen ihr Mandat behalten. Von den restlichen sechs Abgeordneten – Martha Bißmann, Stephanie Cox, Alfred Noll, Bruno Rossmann, Alma Zadic, Wolfgang Zinggl – muss demnächst einer oder eine Platz für Peter Pilz machen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2018)