Die Unsicherheit habe ein Ende, sagt Stefan Tankovits, im "Presse"-Gespräch. Nun müssten aber so viele Arbeitsplätze wie möglich gesichert werden. Rund 100 Mitarbeiter hätten schon gekündigt, weitere 100 verhandelten mit anderen Airlines.
Die Erleichterung ist ihm anzuhören - ebenso aber auch die Überraschung: "Wir haben uns schon auf Vueling eingestellt - jetzt ist es mit dem Zuschlag an Niki Lauda anders gekommen", sagt Niki-Betriebsratschef Stefan Tankovits im Gespräch mit der "Presse". Das Wichtigste sei jetzt, dass die Unsicherheit vorbei sei. Denn Tankovits geht davon aus, dass die Entscheidung im Gläubigerausschuss hält - "obwohl wir ja inzwischen an viele Wendungen gewöhnt sind".
Für den Betriebsrat steht nun eines im Vordergrund: "Die Arbeitsplätze absichern." Lauda habe zuletzt sein Angebot sehr nachgebessert. In einem offenen Brief habe der Airline-Gründer sich zum Standort bekannt und auch betont, er werde allen rund 1000 Beschäftigten ein Angebot machen. "Darauf wollen wir nun aufbauen."
Skepsis gegen Lauda
Ganz so einfach sei das freilich nicht. Denn zum einen bestehe bei vielen Mitarbeitern, vor allem den Piloten, eine offene Skepsis gegen Lauda. Es ist kein Geheimnis, dass der Formel-1-Weltmeister und nunmehr dreifache Linienfluglinien-Gründer (die vierte ist seine Bedarfsfluglinie Lauda Motion) als harter Arbeitgeber gilt, der von seinen Mitarbeitern mindestens ebenso viel Einsatz verlangt wie er selbst gibt.
Am 4. April 1979 gründet der damals noch zweifache Formel- 1-Weltmeister Niki Lauda die Lauda Air. Mit zuerst zwei und später drei Fokker F-27 nimmt sie den Flugbetrieb auf. Unter anderem auf der Strecke Klagenfurt-Hamburg, wie dieses Foto aus dem Jahr 1981 zeigt. (c) imago/ZUMA Press (imago stock&people)
Da die Lauda Air es nicht schafft, ein profitables Streckennetz aufzubauen, wird der Flugverkehr Anfang 1983 wieder eingestellt. Lauda konzentriert sich stattdessen erneut auf die Formel 1 und wird ein Jahr später - 1984 - auch zum dritten Mal Weltmeister. (c) imago/ZUMA/Keystone (imago stock&people)
Zwei Jahre später, im Jahr 1985, erfolgt der zweite Anlauf. Mit mehreren Düsenjets, zuerst von BAC und später von Boeing, startet die Lauda Air zuerst mit dem Kurz- und Mittelstreckengeschäft, das allerdings schon bald um die Langstrecke erweitert wird. (c) imago/teutopress (imago stock&people)
1990 erhält die Lauda Air die weltweite Linienflugkonzession. Bis dahin für viele Österreicher unbekannte Ziele wie Bangkok werden zu gängigen Reisedestinationen. Der Werbespruch "Service is our success" prägt sich durch hartnäckiges Marketing bei fast jedem im Land ein. Für die größte Aufregung sorgen jedoch die Lauda-Uniformen: Jeans bei Stewardessen - das kannte man so bisher nicht. (c) imago/McPHOTO (imago stock&people)
Am 26. Mai 1991 gibt es dann jedoch einen tragischen Rückschlag für das junge Unternehmen. Beim Lauda-Flug 004 von Hongkong über Bangkok nach Wien setzt bei der Boeing 767 über dem thailändischen Dschungel selbstständig die Schubumkehr ein. Die Maschine stürzt ab, alle 223 Insassen kommen ums Leben. Es ist bis dato die größte Katastrophe der österreichischen Luftfahrt. APA
Aber auch wirtschaftlich läuft es nicht mehr so rund wie geplant. 1993 steigt die deutsche Lufthansa über ihre Tochter Condor bei Lauda ein. 1997 startet dann auch die strategische Partnerschaft mit dem "Erzfeind" AUA. Die damals noch staatliche Fluglinie beteiligt sich mit 36 Prozent an der Lauda Air. Imago
Der Machtkampf zwischen Niki Lauda und AUA-Vorstand Mario Rehulka eskaliert immer stärker. Lauda verliert und tritt im Oktober 2000 als Vorstandsmitglied zurück. Auch Fliegen darf er nicht mehr. Ein Jahr später übernimmt die AUA auf Druck der Politik die Lauda Air komplett - samt eines riesigen Schuldenbergs. APA
Doch bereits 2002 kauft Lauda die insolvente Aero Lloyd Austria und startet 2003 erneut mit einer Fluglinie: der Billig-Fluggesellschaft FlyNiki - die später auf nur noch Niki umbenannt wird. EPA
Aber auch Niki bleibt nicht lange eigenständig. Bereits im Jahr 2004 steigt die deutsche Air Berlin mit 24 Prozent ein. Im Jahr 2010 erhöhen die Deutschen ihren Anteil bereits auf 49,9 Prozent. Hofmeister
Im Rahmen dieses Deals erhielt Lauda ein Darlehen in Höhe von 40,5 Millionen Euro. Dieses konnte er in bar oder durch den Übertrag der restlichen Niki-Anteile begleichen. Er entscheidet sich für letzteres und geht 2011 auch bei der zweiten von ihm gegründeten Fluglinie von Bord. APA/BARBARA GINDL
Die Lauda Air wurde in der Zwischenzeit voll in die AUA integriert und ist nur mehr eine Marke der inzwischen selbst zur Lufthansa gehörenden Gesellschaft. Anfang 2013 wird auch die Marke aufgegeben und die Maschinen wechseln ins AUA-Design. Die Lauda Air ist Geschichte. Fabry
Trotz jahrelanger Millionenspritzen von der arabischen Etihad findet Air Berlin für ihre Tochter Niki kein tragfähiges Geschäftsmodell. Im August 2017 melden die Deutschen Insolvenz an, am 13. Dezember folgte die Niki-Pleite. Eigentlich sah alles danach aus, als ob die Fluglinie an die britisch-spanischen Gruppe IAG/Vueling geht, dann am 23. Jänner die überraschende Wende: Im dritten Anlauf kommt doch Gründer Niki Lauda zum Zug. APA/AFP/ALEX HALADA
Lauda, der Niki 2003 gründete und später an Air Berlin verkaufte, erhält im Jänner 2018 mit seiner Firma Laudamotion den Zuschlag für die österreichische Gesellschaft und bremste damit den spanisch-britischen Konzern IAG aus. Im Juli verkaufte er Laudamotion zu 75 Prozent an Ryanair, im Jänner gab er auch den Rest der Anteile ab. REUTERS
Vierzig Jahre Fliegen mit Lauda: Hochs, Tiefs und Pleiten
Zum anderen hätten bereits 50 bis 100 Mitarbeiter Niki verlassen, erzählt Tankovits. Weitere rund 100 wären in Verhandlungen. Nach der Insolvenz von Niki Mitte Dezember haben die Lufthansa-Tochter Eurowings und auch die AUA massiv um Niki-Beschäftigte geworben. "Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass die Mitarbeiter wieder Vertrauen in das Unternehmen bekommen", sagt Tankovits. Er setzt darauf, möglichst bald mit Lauda Gespräche führen zu können.
Der Kauf umfasst auch die Finanzierung der Gehälter bis zur Wiederaufnahme des Flugbetriebs mit dem Sommerflugplan Ende März. Zwischen 1. und 12. Jänner werden die Gehälter vom Insolvenzentgeltfonds getragen.
Da die alte Niki Ende Februar geschlossen und dann komplett neu aufgestellt wird, bedürfe es auch eines neuen Kollektivvertrags. "Wir sind gerade dabei, alle rechtlichen Fragen prüfen zu lassen", sagt Tankovits dazu.
Die Ereignisse haben sich bei Niki am Mittwoch überschlagen: Nachdem die EU der Lufthansa die Genehmigung für die Übernahme von weiten Teilen der Air Berlin und der bis dahin nicht insolventen Niki verweigert hatte, zog die AUA-Mutter umgehend das Übernahmeangebot zurück. Das Ergebnis: Der Flugbetrieb wurde mit sofortiger Wirkung ab dem 14. Dezember eingestellt. Die letzte Maschine, ein Airbus A320, landete um 23:18 in Wien.
1000 Mitarbeiter verlieren durch die Niki-Pleite ihren Arbeitsplatz. Viele von ihnen fanden sich in Wien Schwechat ein um die letzte Maschine in Empfang zu nehmen. Damit wollte man Solidarität bekunden - immerhin scheint vorerst eine Ära zu Ende zu sein. Ein Niki-Pilot - er will nicht genannt werden - erzählt, wie es dazu kam.
Die Aktion entstand spontan - erst kurz zuvor hatten die Mitarbeiter von der Insolvenz erfahren. Viele von ihnen sind nicht nur Kollegen, sondern auch Freunde.
Gemeinsam ging die "Niki Crew" durch den Securitybereich. Mit dabei waren auch AUA-Mitarbeiter, die früher bei Niki tätig waren. Ob oder wann die Mitarbeiter wieder an Bord gehen können, ist völlig unklar. Alle 28 Flugzeuge der Niki-Flotte müssen auf dem Boden bleiben. 10.000 Passagiere sitzen Schätzungen zufolge fest.
Der Flughafen Wien hat die Mitarbeiter kostenfrei mit Bussen auf das Flugfeld gebracht, auch die gesamte Security hat mitgespielt.
Als die Passagiere ausgestiegen sind, haben die Mitarbeiter geklatscht. Die Passagiere waren erleichtert - sie hatten befürchtet, nicht mehr heimzukommen.
Alle Mitarbeiter betraten noch einmal die Maschine. Dort sangen sie ein Lied - "und so haben wir uns von dem Flieger verabschiedet", berichtet der Pilot. Und weiter: "Es sind Tränen geflossen - es war schräg die Uniform noch einmal zu tragen."
Die "Niki Crew" hält zusammen. Wie es weitergeht, weiß niemand. Der "Niki Spirit" kam immer wieder zur Sprache - "stay united" wurde immer groß geschrieben. "Wir haben das gelebt und das hat man gestern auch gefühlt."
Bei Air Berlin will man einen alternativen Käufer finden. Bis dahin müssen die Mitarbeiter um ihre Jobs bangen. Kaufinteresse hat übrigens Niki Lauda, der mit der Thomas-Cook-Tochter Condor für Niki geboten hatte, allerdings Lufthansa und EasyJet unterlag. Am Donnerstag soll es eine Versammlung geben, wo die Mitarbeiter informiert werden.
Niki Lauda finanziert den Kauf der Airline ganz aus seiner Stiftung – seine Partner Thomas Cook und Condor schaffen die Infrastruktur und füllen die Flugzeuge.
Der aktuelle Kollektivvertrag gilt nur für die Niki Luftfahrt, nicht aber für Laudamotion. Lauda versprach für die neuen Verträge keine Verschlechterung gegenüber dem bisherigen Stand.
Niki-Käufer Niki Lauda schaut sich an, wie die Stimmung unter den rund 1.000 Mitarbeitern ist, nachdem er die von ihm gegründete Fluglinie aus der Insolvenz übernommen hat.
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