Transit-Gipfel: Kaum Chancen auf Einigung

Die Blockabfertigungen in Kufstein wurden von Deutschland wiederholt scharf kritisiert.
Die Blockabfertigungen in Kufstein wurden von Deutschland wiederholt scharf kritisiert.imago/Roland Mühlanger
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Die Verkehrsminister der beteiligten Länder treffen sich heute, um eine Lösung für das Verkehrsproblem auf der Brennerachse zu finden. Die Fronten sind verhärtet.

Innsbruck. Am Montag treffen in München unter der Leitung von EU-Koordinator Pat Cox die Verkehrsminister Österreichs, Deutschlands und Italiens sowie Vertreter Bayerns, Tirols, Südtirols und dem Trentino zusammen, um bei einem Gipfeltreffen eine gemeinsame Lösung für den Transit auf der Brennerachse zu finden. Die Chancen auf eine Einigung dürften aber eher gering sein. Lagen doch die Positionen Tirols und jene seines bayrischen Nachbarn bzw. Deutschlands zuletzt weit auseinander. Ein erstes Treffen mit allen Verantwortlichen hätte am 8. Jänner stattfinden sollen, wurde aber vom deutschen Verkehrsminister, Christian Schmidt (CSU), kurzfristig abgesagt.

Während man hierzulande das Maß des Erträglichen mit jährlich mehr als zwei Millionen Transit-Lkw bei Weitem überschritten sieht, ist das Verständnis beim nördlichen Nachbarn für die Tiroler Notwehrmaßnahmen in Form der Lkw-Blockabfertigungen nach Feiertagsfahrverboten enden wollend. Bei diesen Blockabfertigungen bei der Ausfahrt Kufstein-Nord dürfen pro Stunde nur 250 bis 300 Lkw durchfahren. Damit sollen Staus auf der A12 und vor allem im Großraum Innsbruck verhindert werden. Was auch funktioniert, allerdings verlagert sich der Stau lediglich auf die deutsche Seite (auf die bayrische A93 von Rosenheim in Richtung Kiefersfelden).

Schmidt hatte diese Maßnahme mehrfach als „klare Verstöße gegen den EU-Grundsatz des freien Warenverkehrs“ bezeichnet. Die Blockabfertigungen schränkten wegen der kilometerlangen Staus den Straßengüterverkehr ein. Zudem würden sie die Verkehrssicherheit gefährden.

Verkehrssicherheit als Argument

Ganz ähnlich fällt die Argumentation Tirols aus. Durch Staus, die an Spitzentagen von Kufstein bis Innsbruck reichten, sei die Sicherheit nicht mehr gegeben. Die Belastungsgrenze für Mensch, Natur und Infrastruktur sei längst erreicht. Neben der Implementierung einer Korridormaut auf der Straße zwischen München und Verona (also die Angleichung der Mauttarife zwischen München und Verona auf den Tiroler Tarif, damit die Lkw nicht mehr auf der günstigsten Route über den Brenner, sondern auf der kürzesten über die Schweiz oder Frankreich fahren) brauche es Maßnahmen für die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene, fordert Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP).

Tirol beziffert die Lkw-Obergrenze mit einer Million Lastwagen pro Jahr, weniger als die Hälfte von 2017. Bis zum Jahr 2030, also vier Jahre nach der geplanten Fertigstellung des Brenner-Basistunnels, sollen 50 Prozent auf die Schiene verlagert werden. Bis 2040 müssten schließlich zwei Drittel des Schwerverkehrs auf der Schiene rollen, so das ambitionierte Ziel. Daher fordert Tirol auch in regelmäßigen Abständen mehr Engagement bei den nördlichen Zulaufstrecken im bayrischen Inntal ein.

„Kein Zweifel“ an Handlungsbedarf

Schützenhilfe hat sich Tirol mittlerweile aus der Euregio geholt: Bei einem Verkehrsgipfel Mitte Jänner in Bozen gaben die Euregioländer Tirol, Südtirol und Trentino ein Bekenntnis für eine Korridormaut auf der Brennerstrecke ab. Für Südtirols Landeschef Arno Kompatscher (SVP) überschreitet der Transit über den Brenner ebenfalls die Belastungsgrenze für Bewohner, Natur und Infrastruktur. Am Handlungsbedarf bestehe jedenfalls „kein Zweifel“ mehr.

Platter hat jedenfalls wiederholt angekündigt, dass die Blockabfertigungen in Kufstein auch in diesem Jahr fortgesetzt werden – zusätzlich zu den anderen Maßnahmen, wie etwa dem sektoralen Fahrverbot für Lkw mit Müll- und Schrottlast (also nicht verderblicher Ware), und Geschwindigkeitsbegrenzungen in der Nacht.

Verständnis für die Blockabfertigungen zeigt die EU, da es sich um keine systematische Beschränkung des Schwerlastverkehrs handle und „die Maßnahme auf Zeiträume erhöhten Aufkommens an Schwerlastverkehr an Tagen nach Feiertagsfahrverboten beschränkt“ sei. Dennoch fordert sie alle Beteiligten auf, eine gemeinsame, nachhaltige Lösung für diese „regionale Herausforderung“ zu finden, damit der Konflikt um den Transitverkehr in Tirol zu keiner unendlichen Geschichte werde. (kb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2018)

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