Das Bundesvergabeamt bereitet dem ohnedies unter großer Verspätung und einer Kostenexplosion leidenden Terminalprojekt neuerliche Probleme. Die baldige Wiederaufnahme der Bauarbeiten ist fraglich.
Wien. In zwei Wochen, Mitte Februar, sollen die Bauarbeiten am halb fertigen Terminal Skylink des Flughafens Wien wieder aufgenommen werden. Ob diese Vorgabe des Flughafen-Managements hält, um das umstrittene Bauwerk 2012 zu eröffnen, ist allerdings fraglich. Das Projekt, dessen Kosten von ursprünglich veranschlagten 400 Mio. Euro mittlerweile auf 830 Mio. Euro gestiegen sind, wurde Mitte des Vorjahres gestoppt, um die Verträge mit den am Bau beteiligten Firmen neu und günstiger auszuverhandeln. Nun gibt es einen neuerlichen Rückschlag.
Das Bundesvergabeamt hat den Zuschlag für die „örtliche Bauaufsicht“ an die Bietergemeinschaft „Architektur Consult ZT GmbH/Rinderer & Partner Ziviltechniker KEG/Rudolf &Vier Partner GmbH“ für nichtig erklärt. Das geht aus dem der „Presse“ exklusiv vorliegenden Bescheid des Bundesvergabeamts vom 29. Jänner hervor. Die „örtliche Bauaufsicht“ hat wichtige Aufgaben: Sie ist unter anderem für Qualitätskontrolle, Organisation der ausführenden Firmen und Rechnungsprüfung zuständig.
Unvereinbarkeit der Interessen
Als Begründung führt das Bundesvergabeamt (das aufgrund des Einspruchs der unterlegenen Bietergruppe Baumangement Forstner GmbH/Depisch ZT GmbH/Hydroingenieure Umwelttechnik GmbH tätig wurde) eine Unvereinbarkeit der Interessen innerhalb des Siegerkonsortiums an: Architekt Christian Halm ist Zehn-Prozent-Gesellschafter und Partner der Architektur Consult ZT, eines Mitglieds der Bietergemeinschaft. Gleichzeitig war Halm für den Flughafen Wien seit Juni 2009 mit Planprüfungs- und Beratungsleistungen für den Skylink tätig – „in einem ihm vom Auftraggeber eigens hierfür zur Verfügung gestellten Büro“, heißt es im Bescheid.
Halms Tätigkeit für den Flughafen würde dem „präsumptiven Zuschlagsempfänger einen erheblichen Kenntnisvorsprung und damit einen Wettbewerbsvorsprung“ verschaffen, so der Bescheid weiter. Nur damit sei auch der im Vergleich zu den anderen Angeboten „erstaunlich niedrige Angebotspreis“ zu erklären. Während das Letztangebot der Architektur Consult ZT auf 9,988. Mio. Euro lautete, boten Forstner & Co. 15,553 Mio. Euro. Der dritte Bieter lag bei 13,334 Mio. Euro.
Das Gegenargument der Architektur Consult ZT, dass Halm in keiner Weise direkt oder indirekt in die Angebotserstellung involviert gewesen sei, ließ das Bundesvergabeamt nicht gelten. Allein der „böse Schein“ der Tätigkeit Halms beim Skylink und sein offenkundiges wirtschaftliches Interesse an einem Auftrag an die Architektur Consult ZT belege die Unvereinbarkeit.
Vergabe verteuert sich
Der Auftrag muss zwar nicht unbedingt neu ausgeschrieben werden. Theoretisch könnte der Flughafen dem in der Ausschreibung Zweitplatzierten den Zuschlag geben – sofern dessen Angebot noch steht. Allerdings: Teurer wird es jedenfalls, und dauern wird es auch. Bis die Bauaufsicht neu entschieden ist, dürften mehr als zwei Wochen vergehen. Zudem ist Juristen zufolge nicht sicher, ob die neuerliche Vergabe wieder beeinsprucht wird. Für Vergaberechtsspezialisten Hermann Wenusch (Kanzlei GNBZ) ist jedenfalls „verblüffend“, dass manche der im Juni stornierten Verträge neu ausgeschrieben und manche verlängert wurden.
Porr als Generalunternehmer?
Positive Nachrichten gibt es indes in Sachen „Generalunternehmer Ausbau Fertigstellung Skylink“: Der Flughafen kann die schon gestartete Suche nach einem Unternehmen, das die gesamte Verantwortung für den Skylink übernimmt, fortsetzen – das Bundesvergabeamt hat den entsprechenden Einspruch der ebenfalls am Terminal tätigen Baufirma Gerstl abgewiesen.
Während noch die Auswahl läuft, wird am Flughafen kolportiert, dass der Sieger ohnedies so gut wie feststeht: Der Baukonzern Porr soll den Zuschlag erhalten. Immerhin hat der Auftrag laut Bescheid des Bundesvergabeamts ein Volumen von 90 Mio. Euro. Flughafen-Sprecher Peter Kleemann wollte den Namen auf „Presse“-Anfrage nicht kommentieren, da die Vergabe des Auftrags an einen Generalunternehmer noch läuft. Eine Entscheidung könnte im Frühjahr fallen.
Das Finanzdebakel beim Skylink wird derzeit auch vom Rechnungshof unter die Lupe genommen.
Die Kostenexplosion beim Ausbau des Flughafen Wien von ursprünglich 400 auf über 900 Mio. Euro erhitzt derzeit die Gemüter. (c) APA (Georg Hochmuth)
Der größte Bauskandal Österreich war mit Abstand die Schmiergeldaffäre rund um den Bau des Wiener Allgemeinen Krankenhauses (AKH). Aufgedeckt wurde der Skandal 1980 vom damaligen "profil"-Journalisten Alfred Worm. Im Mittelpunkt des AKH-Skandals stand der ehemalige technische Direktor Adolf Winter. (c) APA (Helmut Fohringer)
In den Strudel der Affäre geriet auch der damalige Finanzminister und Vizekanzler Hannes Androsch. Er wurde Jahre später in Zusammenhang mit seinen Aussagen vor dem parlamentarischen AKH-Ausschuss wegen Falschaussage verurteilt. (c) FABRY Clemens
Im September 1981 wurde der AKH-Prozess das bis dahin größte Gerichtsverfahren in Österreichs Nachkriegsgeschichte: mit 30.000 Seiten in 67 Aktenordnern, ebenso vielen Beilagenseiten, vier Sachverständigen und mehr als 100 geladenen Zeugen. (c) Michaela Bruckberger
Der Vorwurf gegen Winter und elf weitere Angeklagte lautete auf gewerbsmäßigen Betrug, Untreue, verbotene Intervention, Beihilfe zu solchen Verbrechen und Verstöße nach dem Devisengesetz. Allein Winter soll 30 Mio. Schilling (2,18 Mio. Euro) Schmiergelder kassiert haben. (c) Presse Fabry
Zum Zeitpunkt der ersten Planungen im Jahr 1955 war Bürgermeister Franz Jonas noch von 600 Mio. S (43,6 Mio. Euro) Errichtungskosten ausgegangen. Bei der Eröffnung 1994 wurden schließlich 42,5 Mrd. S (3,09 Mrd. Euro) genannt. (c) APA (SCHNEIDER Harald)
Am Anfang standen Ermittlungen der Finanzbehörden nach einer Anzeige durch die Ex-Freundin des Bauunternehmers Franz Graf (SBG). Bei ihren Erhebungen fanden die Beamten Hinweise auf Kartell- und Preisabsprachen. (c) FABRY Clemens
Es folgte eine Großrazzia in der Baubranche zum Wiener U-Bahnbau, mit der praktisch alle Branchengrößen in die Nähe eines angeblichen Kartells gerückt wurden. Graf hat Bestechungen in Millionen-Schilling-Höhe gestanden. (c) FABRY Clemens
Auch das Wiener Kontrollamt prüfte, in der Folge zahlten die Baufirmen Kallinger und die Universale-Bau Wien insgesamt rund 15 Mill. Schilling zurück. Im Mai 2001 ging der Baukartell-Prozess mit neun Schuldsprüchen zu Ende. (c) FABRY Clemens
Mitte der 90er Jahre gab es bereits einmal Probleme bei Bauprojekten am Flughafen Wien. Die Palette reichte von Mindereinbauten über zu teuer verrechnete Leistungen bis zu Nachverrechnungen, dem Airport enstand ein finanzieller Schaden von rund 50 Mio. Schilling (3,6 Mio. Euro). (c) Michaela Seidler
Der sogenannte Flughafen-Bau-Prozess endete mit insgesamt 13 Schuldsprüchen. Die ersten sieben ergingen im Mai 2001. Eine einjährige Zusatzstrafe gab es für den - bereits 1998 zu schlussendlich fünf Jahren Haft verurteilten - Ex-SBG-Chef Franz Graf. Im Oktober folgten sechs weitere Schuldsprüche. (c) Harald Hofmeister
Der "Bauskandal Karawankenautobahn" kam 1995 ins Rollen: Die Österreichische Autobahnen und Schnellstraßen AG (ÖSAG) erstattete wegen überhöhter Rechnungen bei bestimmten Streckenabschnitten Anzeige. Ursprünglich war von 100 Millionen Schilling (7,27 Mio. Euro) Schaden die Rede. (c) APA (EGGENBERGER GERT)
Am Ende blieben im Verfahren davon 30 Millionen Schilling (2,18 Mio. Euro) übrig. Angeklagt wurden der bei der ARGE für die Abrechnung verantwortliche Manager, ein Mitarbeiter der damaligen Asphalt & Beton und ein Landesbediensteter. Die beiden wurden zu 24 bzw. 30 Monaten Haft verurteilt. In der ARGE waren etliche Baufirmen vertreten.
Mit Bewährungs- und Geldstrafen endete im Februar 2006 der Korruptionsprozess gegen Manager des österreichischen Alpine-Baukonzerns rund um den Bau der Münchener Allianz-Fußballarena. (c) EPA (Peter Kneffel)
Der geschäftsführende Gesellschafter Dietmar Aluta-Oltyan wurde wegen Bestechung zu zwei Jahren Gefängnis mit Bewährung sowie 1,8 Mio. Euro Strafe verurteilt, der ehemalige Alpine-Finanz-Chef Willy Hans Böck zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe und 450.000 Euro. (c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Felix Roittner)
Die Angeklagten hatten gestanden, 2,8 Mio. Euro Schmiergeld gezahlt zu haben. Der größte Teil der Summe landete bei dem damaligen Geschäftsführer der Stadionbaugesellschaft, Karl-Heinz Wildmoser junior, der zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt wurde. (c) GEPA pictures (GEPA pictures/ AFLO)