Grammys: Der Cover-Star

(c) Stefan Sagmeister
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Der Bregenzer Stefan Sagmeister räumte in der Nacht auf Montag in Los Angeles bereits zum zweiten Mal in seiner Karriere einen Grammy ab.

Schritte hallen durch einen Gang, immer schneller und schneller. Eine Türe knarrt, peng, fliegt sie zu. Die klassische Horror-Tonkulisse. Sie wird über einen Mikrochip abgespielt, schraubt man das kleine, sehr amerikanische Einfamilienhaus von der hübschen Blechdose, um die CD „Everything That Happens Will Happen Today“ von David Byrne and Brian Eno freizulegen.

Es war ihr Song „Home“, der den Grafikdesigner Stefan Sagmeister zu dieser leicht unheimlichen und schwer aufwendigen Verpackung à la David Lynch inspiriert hat. „Home – where the wheels are turning/Home – why I keep returning/Home – where my world is breaking in two“, heißt es da – ein Gefühl, das Sagmeister wohl gut kennen muss. Seit über 20 Jahren lebt er in New York, fühlt sich dort zu Hause. Geboren aber ist er 1962 in Bregenz, hat an der Wiener Angewandten Design studiert.

Er teilt das typisch österreichische Schicksal, im Ausland berühmter zu sein als in der Heimat. Wer erinnerte sich denn, einmal ehrlich, vor dem Preisregen für „Inglourious Basterds“ schon an die TV-Krimi-Auftritte von Christoph Waltz? Ähnlich Sagmeister: Dabei bekam der „illustrious“ Designer in der Nacht auf Montag in Los Angeles jetzt schon zum zweiten Mal in seiner Karriere einen Grammy, den Oscar der Musikbranche. Und zwar für besagte CD-Box von Byrne/Eno.

Bereits 2005 räumte der internationale Grafikstar einen Grammy ab, damals für die CD-Box „Once in a Lifetime“ der Talking Heads. Berühmt aber wurde er – man kann es nicht oft genug erzählen –, als Mick Jagger ihn 1997 extra von Indien nach L.A. fliegen ließ. Um ihn mit der Gestaltung des CD-Covers „Bridges to Babylon“ zu beauftragen: Zieht man das Coverbild, einen silbernen Löwen, aus der Hülle, richtet er sich drohend auf. Veränderung, ein zweiter, überraschender Blick, das ist typisch für Sagmeister. Das konnte man 2007 bei seiner Wiener Einzelausstellung im MAK erkennen. Und das meinte Jagger auch mit „floaty“.

Lou Reed, der eines Tages einfach vor der Tür zu Sagmeisters kleinem Grafikbüro in New York stand, spart ebenfalls nicht mit großen Worten für den 47-Jährigen: „Wäre Stefan ein Film, er hätte fünf Sterne.“ Kein Wunder, sein Cover für „Set the Twilight Reeling“ zählt zu den meistkopierten der Popgeschichte. Sagmeister schrieb Lou Reed dafür seine Texte wortwörtlich ins Gesicht.

Drei Jahre später, 1999, setzte der Grafiker die Idee dann in Fleisch und Blut um: Er ließ sich für das Plakat eines seiner Vorträge den Einladungstext in den Oberkörper einritzen. Das nennt man Engagement. Und ein Schürfen an all dem Glamour.

Dafür holt Sagmeister sich immer wieder in Indonesien Kraft, wo er auch beschloss, sich vermehrt sozial und politisch zu engagieren. Neben mehreren Kampagnen, u.a. für eine Budgetumverteilung vom Militär zum Bildungssystem, erschien 2008 sein Buch „Things I Have Learned in My Life so Far“. Es wurde zum meistverkauften Designbuch seiner Zeit in den USA.

Der Lehrsatz, der Sagmeister darin am wichtigsten war, lautete: „Wenn ich mutig bin, zahlt es sich aus.“ Ein Lebensmotto. das verfolgt werden kann: Von Sagmeisters Beginn an, als er mit anderen Studenten als „Gruppe Gut“ in Wien Plakate für Hans Gratzers Schauspielhaus gestaltete. Oder als er Mitte 20 zum Arbeiten nach Hongkong und New York auszog – um nicht mehr wiederzukommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2010)

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