Was Heinz-Christian Strache wirklich zum Kosovo sagte

Heinz-Christian Strache
Heinz-Christian StracheAPA/HERBERT NEUBAUER
  • Drucken

Der „Presse“ liegt der deutsche Originaltext des „Politika“-Interviews vor. Darin heißt es: „Kosovo ist zweifellos ein Teil Serbiens.“ Straches Sprecher hatte dies bestritten.

Wien. Heinz-Christian Strache versuchte am Montag in Belgrad, sein Aufregerinterview mit der serbischen Tageszeitung „Politika“ zurechtzurücken. Er habe darin lediglich festgehalten, dass der Kosovo nach serbischem Recht nach wie vor Bestandteil Serbiens sei, beruhigte der FPÖ-Vizekanzler. Diese Einschränkung findet sich in der deutschen Originalversion des Interviews, die der „Presse“ vorliegt, allerdings nicht. Darin heißt es wörtlich: „Kosovo ist zweifellos ein Teil Serbiens.“

Der Sprecher des FPÖ-Chefs hat das Zitat am Sonntag rundweg abgestritten. Strache habe das nicht gesagt, erklärte Martin Glier gegenüber der APA. Das Dementi trifft jedoch nur insofern zu, als es sich um ein schriftliches Interview handelte. Der serbische „Politika“-Redakteur Milenko Pešić beteuerte am Montag gegenüber der „Presse“, dass er an den Antworten aus Straches Büro nichts geändert habe. Als Beweis mailte er die deutsche Erstfassung des Interviews. Eine Datenanalyse zeigt, dass das Word-Dokument am Freitag erstellt und zum letzten Mal um 18.15 Uhr geändert wurde.

Straches Sprecher rudert zurück

„Politika“ publizierte das Interview am Sonntag. Es sorgte umgehend für helle Empörung. Othmar Karas, der ÖVP-Delegationsleiter im Europaparlament, sprach von einer neuen „Attacke auf die Friedensordnung auf dem Westbalkan“, die ihn fassungslos mache. Der europapolitische Sprecher der SPÖ, Jörg Leichtfried, warf Strache vor, im Konflikt zwischen Serbien und dem Kosovo verantwortungslos Öl ins Feuer zu gießen und den europäischen Konsens zu untergraben. Die von der FPÖ nominierte parteilose Außenministerin, Karin Kneissl, ließ umgehend mitteilen, dass die Anerkennung Kosovos durch Österreich unumstößlich sei. Die EU-Kommission hielt sich zurück. „Wir kommentieren keine Kommentare“, sagte eine Sprecherin in Brüssel.

Auch Straches Sprecher bemühte sich am Montag um Schadensbegrenzung. Auf Pešićs Fragen soll nicht der Vizekanzler selbst, sondern einer seiner Mitarbeiter repliziert haben, erläuterte Martin Glier am Montag im Telefonat mit der „Presse“. Er musste zurückrudern. Konfrontiert mit der deutschen Vollversion des Interviews, bezeichnete Glier nun sein Dementi vom Vortag als „vielleicht etwas zu forsch“. Davor hatte er insinuiert, dass „Politika“ Strache falsch zitiert habe.

Glier blieb jedoch bei der Verteidigungslinie, wonach der umstrittene Satz anders gemeint gewesen sei, nämlich dass der Kosovo „aus serbischer Perspektive“ zu Serbien gehöre. Tatsächlich hatte Strache, oder vielmehr sein Mitarbeiter, in dem schriftlichen Dialog hinzugefügt, dass Österreich die Anerkennung nicht rückgängig machen werde: „Die seinerzeitige Anerkennung durch Österreich haben wir heftig kritisiert, sie ist allerdings jetzt Tatsache und kann wohl nicht mehr geändert werden.“

Lobende Worte für Serben in Österreich

Das unterstrich Strache am Montag auch bei seinem Besuch in Belgrad. „Die österreichische Regierung hat die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannt. Das ist eine Realität und Faktum.“ Der Rechtsstatus des Kosovo sei jedoch im Sinne der UN-Resolution 1244 noch immer nicht endgültig geklärt worden. Es sei wünschenswert, wenn Belgrad und Prishtina eine für beide Seiten tragbare Lösung fänden. Im „Politika“–Interview hatte sich Strache für eine Autonomie der Serben im Nordkosovo ausgesprochen und die kosovarische Führung als uneinsichtig bezeichnet. Lobende Worte fand er für die Serben in Österreich, die sich „hervorragend in der Gesellschaft“ verankert hätten.

Serbiens Außenminister bedankt sich

Serbiens Außenminister, Ivica Dačić, hatte seine Freude mit Straches Interview. In einer gemeinsamen Pressekonferenz bedankte er sich beim FPÖ-Vizekanzler dafür, dessen Standpunkt zum Kosovo auch nach dem Eintritt in die türkis-blaue Regierung nicht geändert zu haben. Vor Kritik nahm er seinen Gast aus Wien ausdrücklich in Schutz. Denn die Stabilität auf dem Balkan, so Dačić, werde von jenen untergraben, die Kosovos einseitige Unabhängigkeitserklärung akzeptiert hätten. Das freilich sind nicht wenige. Außer Österreich haben seit 2008 auch noch mehr als 100 andere Staaten den Kosovo anerkannt.

Montagfrüh bereits hatte Strache in Belgrad Präsident Aleksandar Vučić getroffen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.02.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

KOSOVO-POLITICS-INDEPENDENCE-US-ARMY
Außenpolitik

Botschafter des Kosovo "wütend" über Nicht-Anerkennung

Sami Ukelli, kosovarischer Botschafter in Österreich, kritisiert die fünf EU-Länder, allen voran Spanien, die sein Land bisher nicht anerkannt haben. Sein Ziel sei der UNO-Beitritt.
SERBIA-KOSOVO-INDEPENDENCE-POLITICS-EU
Außenpolitik

Kosovo-Botschafter: Strache-Sager "hat schon Wellen geschlagen"

Es sei "natürlich unglücklich, was passiert ist", sagt der Botschafter des Kosovo in Österreich, Sami Ukelli, über die umstrittene Aussage von Vizekanzler Heinz-Christian Strache. Die Beziehungen hingen aber nicht von einem Einzelfall ab.
Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache
Außenpolitik

Strache zu Kosovo-Sager: "Versuch, künstliche Aufregung zu erzeugen"

"Die Aufregung verstehe ich nicht." Der Vizekanzler zeigt sich empört über den Umgang mit seinem Interview über den Status des Kosovo. Kanzler Kurz zeigt sich gelassen: Strache habe seine Aussagen klargestellt.
Nikolaus Scherak.
Innenpolitik

Kosovo-Sager von Strache: Neos berufen Außenpolitikrat ein

Vize-Klubobmann Scherak: "Ganz augenscheinlich ist Strache nicht klar, was er als Vizekanzler anrichten kann, wenn er in der Nachbarschaft der Europäischen Union anstachelt"
Heinz-Christian Strache and Christian Kern attend the TV debate after Austria´s general election in Vienna
Außenpolitik

Kern zu Kosovo-Sager: "Strache gießt Öl ins Feuer"

Die Aussagen Straches seien ein "Sicherheitsrisiko für Österreich", sagte SPÖ-Chef Kern. Aus dem Bundeskanzleramt gab es keine Reaktion, der Regierungssprecher meinte, die Position der Regierung sei bereits "dargelegt".

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.