Die SPD ist nur zum Teil ein Vorbild

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Eine Arbeitsgruppe soll bis Mitte des Jahres ein innerparteiliches Demokratiepaket vorbereiten. Zur Diskussion stehen unter anderem die Direktwahl des Parteivorsitzenden und ein Mitgliederentscheid über künftige Koalitionen.

Wien. In der SPÖ stehen weitreichende Strukturreformen an. Am Freitag wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die bis Mitte des Jahres ein innerparteiliches Demokratiepaket ausarbeiten soll. Federführend ist damit Bundesgeschäftsführer Max Lercher betraut.

Die SPÖ müsse sich die Frage stellen, ob sie zur Mitgliederpartei werden wolle, sagte Lercher am Freitag. Geht es nach ihm, sollte diese Richtung jedenfalls eingeschlagen werden: „Die Mitglieder müssen auf alle Fälle mehr mitentscheiden als jetzt.“

Zum Beispiel bei den inhaltlichen Positionierungen. So werden die Mitglieder nicht nur über das neue Parteiprogramm abstimmen, das im Oktober bei einem Reformparteitag beschlossen werden soll. Auch bei aktuellen Themen könnte ihnen künftig eine Art Initiativrecht für Befragungen zugestanden werden: „Sie sollen die Möglichkeit erhalten, gefragt zu werden.“

Freilich schränkt Lercher ein, dass man hier eine gute Balance brauche: „Die Quoren müssen so sein, dass wir handlungsfähig bleiben. Ich bin ja kein Utopist und möchte keine Basisdemokratie einführen.“ Wie die Regeln genau gestaltet werden, sollen ebenfalls die Mitglieder entscheiden. Positionierungen werden dann bei der Abstimmung zum neuen Parteiprogramm bzw. Statut abgefragt.

Bei der Erstellung der Wahllisten dagegen kann sich der Bundesgeschäftsführer sehr wohl vorstellen, dass die Basisdemokratie zu ihrem Recht kommt: „Das interessiert die Mitglieder am meisten. Mitglieder interessiert Mitbestimmung.“ Auch einer Direktwahl des Vorsitzenden steht Lercher nicht a priori ablehnend gegenüber.

Geht es nach dem Bundesgeschäftsführer, soll auch die Parteispitze schlanker werden. Derzeit gebe es zu viele Stellvertreter des Parteichefs, nämlich mehr als ein Dutzend. Einsparen könnte man Lerchers Ansicht nach auch eines der beiden Spitzengremien der SPÖ, also Präsidium oder Vorstand. Die Besetzung seiner eigenen Funktion, des Bundesgeschäftsführers, würde Lercher nicht mehr vom Vorstand, sondern vom Bundesparteitag beschließen lassen.

Mitglieder-Werbeaktion

Geleitet wird die Reformgruppe von Michael Schickhofer, Lerchers ehemaligem Chef in der steirischen SPÖ. Der Landeshauptmannstellvertreter stellte am Freitag auch einen Mitgliederentscheid über künftige Koalitionsabkommen in Aussicht – ähnlich wie in Deutschland, wo die SPD-Mitglieder am Wochenende für eine Koalition mit der Union gestimmt hatten.

Allerdings, schränkte Schickhofer ein, müsse über das Prozedere diskutiert werden. Zumal es „natürlich nicht“ zu einer Situation wie in Deutschland kommen dürfe, „dass ich drei Parteitage und einen Mitgliederentscheid brauche, um zu einer Regierungsbeteiligung zu kommen“. Übergeordnetes Ziel der Reformgruppe ist es, die Parteimitgliedschaft attraktiver zu gestalten. Die kostenlose einjährige Gastmitgliedschaft war ein erster Schritt in diese Richtung. (red./APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2018)

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