Jahrelang agierten Manager der Deutschen Bank am Rande der Kriminalität, manche sogar darüber, und steckten dafür satte Boni ein. Jetzt wird in der Bank aufgeräumt. Und auch dafür soll es Boni geben. Ist das genauso ungerecht?
Frankfurt. Seit Wochen überschlagen sich die Meldung über die Milliarden-Boni für die Manager der Deutschen Bank. Heute wurden die Zahlen für das Geschäftsjahr 2017 präsentiert. Das Minus beläuft sich auf 735 Millionen Euro, also noch höher als bisher berichtet. Wie aus dem am Freitag veröffentlichten Geschäftsbericht der größten deutschen Bank hervorgeht, soll die Dividende elf Cent je Anteilsschein betragen nach 19 Cent im Vorjahr. Während das Personal knapp 2,3 Milliarden Euro an variabler Vergütung bekommt, schüttet das Geldhaus an seine Anteilseigner rund 230 Millionen Euro aus - ein Zehntel des Betrages, der hauptsächlich in die Taschen der Investmentbanker unter den rund 97.000 Beschäftigten fließt. Das Top-Management bekommt wegen des Verlusts keinen Bonus.
Die an die 97.500 Mitarbeiter ausbezahlten Boni sorgen für einen Riesenwirbel. Bereits Ende Jänner wetterte der damals noch SPD-Chef Martin Schulz in der "Bild"-Zeitung: "Überall schließen Bankfilialen, Kunden verlieren ihre Berater, Berater ihre Jobs. Wenn in dieser Situation Boni in Höhe von einer Milliarde Euro ausgeschüttet werden, dann verliert ein Unternehmen nicht nur an Ansehen. Das schadet insgesamt unserer Solidargemeinschaft." Jetzt ist es nicht eine, jetzt sind es mehr als zwei Milliarden. Und trotz der Häme aus der Politik und von den Boulevardmedien bleibt Deutsche Bank-Vorstandschef John Cryan dabei. Während er selbst und seine Kollegen im Top-Management keine Boni kassieren, sollen die vielen engagierten Mitarbeiter in den mittleren und unteren Ebenen ihre Bonifikationen erhalten.
Drittes Jahr infolge rote Zahlen
"Wir sind davon überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind", sagte Cryan bereits Anfang des Jahres in Berlin. "Wir haben diesen Weg im Herbst 2015 eingeschlagen und immer gesagt, dass dieser Umbau nicht in ein oder zwei Jahren abgeschlossen sein würde." Damals schockierte er die Anleger mit der Nachricht, dass er für 2017 "einen geringen Verlust nach Steuern" erwarte. Der Grund für diesen Rückschlag liege aber nicht im Einfluss der Deutschen Bank. Vielmehr verhagelt Donald Trumps Steuerreform das Ergebnis des größten deutschen Geldinstituts schwer. Insgesamt kostet es die Deutsche Bank 1,5 Milliarden Euro. Es ist ein einmaliger Effekt, tatsächlich wird sich die US-Steuerreform langfristig positiv auf die Geschäfte und künftigen Ergebnisse der Bank auswirken. Aber für 2017 bedeutet es nun einmal rote Zahlen. Zum dritten Mal hintereinander.
Es gab eine Zeit, da sprudelten die Boni bei der Deutschen Bank nur so. Und keiner hatte ein Problem damit. Mittlerweile ist klar, dass die Ära des früheren Bankchefs Josef Ackermann vor allem auf Lug und teilweise auch auf Betrug basierte. Die Deutsche Bank war in unzählige Skandale und Gerichtsverfahren verwickelt. Seit 2012 musste das Institut alleine für die Beilegung diverser Rechtsstreitigkeiten 15 Milliarden Euro bezahlen. Das hinderte die früheren Chefs übrigens nicht daran, auf ihre Boni in Höhe von knapp 70 Millionen Euro zu verzichten. Auch darum musste gestritten werden. Am Ende konnte die Deutsche Bank Ackermann und Co. zumindest dazu bewegen, auf die Hälfte ihrer Vergütungen zu verzichten.
"Goldene Nasen" für die Banker
Während also in Deutschland über die Boni jener Manager debattiert wird, die dabei sind, die Sünden der Vergangenheit aufzuarbeiten und die Bank wieder in die Spur zu bekommen, legte ein ehemaliger Händler der Deutschen Bank in London vor den Betrugsbekämpfern (Serious Fraud Office) ein Geständnis ab. Christian Bittar gab zu, dass er an der Manipulation des Referenzzinses Euroibor beteiligt war. Für diese "Meisterleistung" wurde Bittar im Jahr 2009 übrigens der höchste Bonus in der Geschichte der Deutschen Bank ausbezahlt. Bittar kassierte 80 Millionen Euro. Die Deutsche Bank musste später wegen dieser Zinsmanipulationen 2,5 Milliarden Dollar Strafe zahlen.
Und jetzt verdienen sich die Manager der Deutschen Bank also wieder "goldene Nasen", wie es SPD-Politiker Thorsten Schäfer-Gümbel formulierte. CDU-Sozialexperte Matthias Zimmer sprach bei den "Boni für Minus-Banker" von einer eigenwilligen Interpretation des Grundsatzes, dass sich Leistung lohnen solle.
Fazit: Ein Bankhaus, das so viel Schindluder mit Boni getrieben hat, wird diese Hypothek wohl nie wieder los. Selbst wenn es nächstes Jahr wieder Gewinne schreiben sollte.