Im Gespräch mit DiePresse.com erklärt Robert Chvátal, warum ihm Google lieber ist als Apple und warum langfristig nur noch zwei Mobilfunker am österreichischen Markt eine Chance haben.
Von 15. bis 18. Februar findet in Barcelona die größte Handy- und Mobilfunkmesse der Welt, der Mobile World Congress (MWC) statt. Im Vorfeld der Veranstaltung sprach DiePresse.com mit den österreichischen Mobilfunkbetreibern über die "Lage der Handy-Nation", aktuelle Entwicklungen und kommende Trends. Nach Michael Krammer, CEO von Orange Österreich, und Berthold Thoma, Chef des Netzbetreibers "3", baten wir T-Mobile-Chef Robert Chvátal zum Gespräch.
Das Apple-Handy scheint ein Segen für T-Mobile zu sein. 40 Prozent der Neukunden entscheiden sich für ein iPhone. Der Chef von "Drei", Berthold Thoma, hat in einem Interview anklingen lassen, dass das Verhältnis zu Apple dennoch nicht so gut ist. Stimmt das?
Robert Chvátal: Es kann immer besser gehen, es kann immer schlechter gehen. Ich denke, wenn man den österreichischen Markt realistisch betrachtet, dann hat Apple einen deutlichen Aufschwung bei den Datenvolumina und auch bei der Sprachtelefonie gebracht. Auch die Bereitschaft der Kunden, für diese Nutzung mehr zu bezahlen ist gestiegen. Deshalb sind wir mit Apple relativ zufrieden. Natürlich sind wir nicht zufrieden mit dem Vertriebsmodell der Apps bei Apple. Apple teilt die Umsätze pro App nämlich nur mit den Entwicklern. Die Mobilfunker bekommen nichts ab. Bei Android (Handysystem von Google, Anm.) ist das anders. Als Mobilfunker verdient man bei Google an jeder heruntergeladenen App mit.
T-Mobile bietet für Kunden exklusive Apps für das iPhone an. Ist das der Versuch trotzdem an den erfolgreichen iPhone-Apps zu verdienen?
Chvátal: Es ist einfach ein Versuch, T-Mobile-Kunden Exklusivität zu bieten. Zum Beispiel die Navi-Lösung "Wisepilot". Sie ist unsere Interpretation von "Software as a Service". Man bezahlt also nur, wenn man den Dienst gerade braucht. Damit wollen wir natürlich auch Geld verdienen.
Der im iPhone integrierte GPS-Chip genießt nicht den besten Ruf. Möglicherweise ein Grund dafür, dass Apple erst Mitte 2009 Navigationssoftware für das iPhone zuließ. Ob damit Navigation mit dem Auto überhaupt sinnvoll ist, hat sich DiePresse.com im Detail angesehen. Getestet wurden drei Lösungen: TomTom und Navigon als sogenannte Onboard-Systeme und T-Mobiles Wisepilot, ein Offboard-Navi. Onboard bedeutet, dass das Kartenmaterial am Telefon gespeichert ist. Offboard-Systeme laden nur die für die Route notwendigen Daten aus dem Internet.
TomTom ist bei vielen mit seinen Komplett-Navis bekannt, die man einfach an die Winschutzscheibe klebt und losnavigiert. Die iPhone-Version mit Teleatlas-Kartendaten für Österreich, Deutschland und die Schweiz kostet 69,99 Euro im App Store. Als Onboard-Lösung ist die App nicht klein. Rund 500 Megabyte belegt das Programm auf dem iPhone.Die App ist eine solide Lösung, die kaum Wünsche offen lässt.
Das Startmenü bei TomTom ist übersichtlich und bunt. Schnell findet man alle wichtigen Menüpunkte. Ein Ziel einzugeben, ist ein Kinderspiel. Sind bei den Kontakteinträgen im iPhone Adressen gespeichert, können auch die bequem zur Zieleingabe herangezogen werden.Im Gegensatz zu den anderen Testkandidaten ist eine Zieleingabe nicht unbedingt notwendig, um in die Navigationsansicht zu gelangen.
Die Navigationsansicht von TomTom ist die Informativste unter den drei Testkandidaten. Der untere Balken gibt Auskunft über: aktuelle Geschwindigkeit, erlaubte Höchstgeschwindigkeit, Entfernung zum Ziel, voraussichtliche Ankunftszeit, verbleibende Fahrtzeit und Informationen über den nächsten Wegpunkt. Hier lässt TomTom die Konkurrenz schwach aussehen.
Leider unterstützt TomTom keine automatische Umschaltung auf Nachtansicht. Das macht Navigon deutlich besser. Über den im iPhone eingebauten Lichtsensor schaltet Navigon automatisch auf Nacht- bzw. Tagesansicht.
Wie alle iPhone-Navis kämpft auch TomTom heldenhaft mit dem schwachen GPS-Empfänger des iPhones. Aussetzer und "Hupfer" des Pfeils passieren aber relativ selten.In den Einstellungen findet sich auch ein Schalter genannt "GPS-Enhancer", der die Empfangsschwäche kompensieren soll. Eine deutliche Verbesserung brachte das Einschalten allerdings nicht. Dafür hat sich TomTom aber etwas anderes einfallen lassen. Dazu aber später...
Die Kosten für die App werden sich für Schnellfahrer sehr schnell amortisiert haben. Denn TomTom warnt (im Bild unten rechts), wenn die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten wird ...
... und kennt auch so ziemlich alle Radarfallen und Section-Controls.
Sehr praktisch ist der Spurassistent. Dabei schaltet sich über die Navigationsansicht ein Bild, dass das Einreihen in die richtige Spur erleichtern soll.
Großer Pluspunkt bei TomTom für das iPhone ist die informative Navigationsansicht. Die Kartendarstellung ist in Ordnung, wobei TomTom unter den drei Testkandidaten am Ruckeligsten lief. Was TomTom völlig fehlt ist eine Einbindung aktueller Verkehrsnachrichten in die Routenplanung. In einem der kommenden Updates soll das nachgeholt werden. Um die GPS-Schwäche auszugleichen bietet der Navigationsspezialist ein besonderes Zuckerl an. Für stolze 99 Euro kann man das TomTom-iPhone-Carkit kaufen. Die Halterung ist mit einem leistungsstarken, seriellen GPS-Empfänger ausgestattet, lädt das iPhone mit Strom, bietet eine Freisprecheinrichtung und sorgt damit für eine hörbare Sprachausgabe der Fahranweisungen. Der iPhone-eigene Lautsprecher ist dabei nämlich völlig unbrauchbar. (c) Sinar 54/O
Navigon kostet wie TomTom 69,99 Euro im App Store, verbraucht als Onboard-Lösung ebenfalls rund 500 Megabyte, verwendet aber das Kartenmaterial von Navteq. Navigon ist im Vergleich zu TomTom eine Spur weiter. So kann man innerhalb der App um 24,99 Euro Navigon Traffic Live dazukaufen. Damit werden dann aus dem Internet die aktuellen Verkehrsinformationen in der Routenplanung miteinbezogen.
Das Hauptmenü von Navigon ist in dezentem Schwarz gehalten und bietet ebenfalls einen schnellen Zugriff auf die wichtigsten Einstellungen. Die iPhone-Kontakte sind auch integriert.
Die Navigationsansicht ist übersichtlich. Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit befindet sich bei Navigon rechts oben. Um alle Informationen gleichzeitig darstellen zu lassen, muss man einen in den Optionen recht gut versteckten Schalter umlegen.
Navigon bietet ein anderes praktisches Feature. Neben der erlaubten Hochstgeschwindigkeit bedingte Tempolimits - z.B. bei Regen oder Glätte - eingeblendet. Die Section-Control ist für Navigon genauswenig ein Geheimnis ...
... wie Radarfallen.
Natürlich gibt es auch bei Navigon einen Fahrspurassistenten.
Navigon wirkt im Betrieb etwas moderner als TomTom, kämpft allerdings genauso mit dem schwachen iPhone GPS-Empfänger. Alles in allem ist Navigon ebenfalls eine ordentliche und brauchbare Lösung für das iPhone. Besonderer Pluspunkt ist das bereits vorhandene, aber nicht gerade günstige Verkehrsinformations-Modul.
Der dritte Testkandidat, T-Mobiles Wisepilot, bietet eine anderes Konzept. Die App selbst ist kostenlos im App Store zu haben. Allerdings können sie nur T-Mobile-Kunden nutzen. Fünf Tage sind kostenlos zum Ausprobieren. Danach zahlt man für ein 24-Stunden Abo 1,90 Euro, für einen Monat sieben Euro und für ein Jahres-Abo fünf Euro pro Monat - das sind 60 Euro im Jahr. Abgerechnet wird nicht über den App Store, sondern über die Handy-Rechnung. Die anfallenden Datentransfers sind dabei schon inkludiert. Schlagen also nicht beim Datenpaket des Handyvertrages zu buche.
Wisepilot ist ein Offboard-System. Die Kartendaten sind also nicht am iPhone gespeichert, sondern werden erst bei der Planung einer Route aus dem Internet geladen. Der Vorteil: Die Kartendaten sind immer aktuell. Wisepilot kannte im Test als einziger die Adresse eines 2007 fertiggestellten Hauses.Am Startmenü des Wisepilots gibt es nichts zu bemängeln. Einzig ein Einstellungsmenü für Lautstärke, Anzeige usw. fehlt. Das findet man in der Navigationsansicht. Zu der kommt man erst, wenn eine Route geplant ist.
Im Vergleich zu Navigon und TomTom wirkt Wisepilot eher spartanisch. Die Anzeige ist reduziert auf Ankunftszeit, Entfernung zum Ziel und Wegpunkterklärung. Aktuelle Geschwindigkeit und erlaubte Höchstgeschwindigkeit fehlen. Schade, denn zumindest die aktuelle Geschwindigkeit hat mit dem externen Kartendaten nichts zu tun, sondern errechnet sich aus den GPS-Daten. Einen Vorteil hat die reduzierte Darstellung aber: Wisepilot liefert die flüssigste Darstellung in der Navigationsansicht.
Tippt man aufs Display öffnet sich ein Einstellungsmenü. Hier kann man die Lautstärke der Sprachanweisungen regulieren und andere Einstellungen machen.
Eigentlich völlig unverständlich, warum diese Einstellungen nicht im Hauptmenü zu finden sind. Hier versteckt sich aber auch ein Gustostückerl von Wisepilot. Verkehrsinformationen sind bereits im Preis inbegriffen.
Die sehen dann so aus und werden in die Karte eingeblendet. Wie sich ein Stau in der Navigationsansicht äußert, konnte leider nicht getestet werden, da an drei Testtagen auf der Wiener Südosttangente kein einziger Stau war.
Die Nachtansicht.
Wisepilot kennt ebenfalls Radarfallen und weist unübersehbar darauf hin. Die Section Control auf der A2 im Wechselgebiet blieb der Navi-Lösung aber fremd. Einen Spurassitenten gibt es bei Wisepilot nicht.
Navigation am iPhone ist möglich. Trotz des schwachen GPS-Empfängers kann man damit navigieren, egal mit welcher Software. Vor der Entscheidung für eine Navigationslösung sollte man sich die Frage stellen, wie oft man tatsächlich zu einem unbekannten Ziel fährt. Wisepilot ist ein ausgereiftes Offboard-System, das in den meisten Fällen ausreicht. Vor allem die geringen Einstiegskosten machen Wisepilot zum idealen Produkt für Gelegenheitsnavigierer. Nicht-T-Mobile-Kunden und Dauernavigierer bekommen sowohl mit TomTom als auch mit Navigon einwandfreie Navigationslösungen in die Hand. Die Wahl ist hier schon mehr Geschmackssache. Navigon hat bei Verkehrsinformationen die Nase vorne, TomTom bietet mit dem Carkit eine durchdachte aber auch teure Hardware-Lösung.TomTom im App StoreNavigon im App StoreWisepilot im App Store
Der Weg führt zum Ziel
Wann kommt das iPad nach Österreich?
Chvátal: Ich denke, die Frage kann nur Apple beantworten. Wir äußern uns als lanfristiger Partner von Apple nicht zu dem Thema. Wir sind natürlich nur an der 3G-Variante des iPads interessiert. Es hängt aber davon ab, wie das Geschäftsmodell aussehen wird. Persönlich sehe ich das iPad nicht als Laptop-Ersatz. Ich denke, dass es vor allem für das Verlagswesen eine interessante Innovation bedeuten könnte. Die Verlage müssen jedoch sehr gut aufpassen, dass ihnen nicht dasselbe passiert, wie der Musikindustrie. Bei der Musik war es am Ende eine Technik-Firma (Apple, Anm.), die die Preise bestimmt hat. Apple hat mit iPod und iTunes die klassischen Alben verdrängt, nur noch einzelne Lieder verkauft und auch noch die Preise festgesetzt. Genau das passiert gerade auch am Büchermarkt durch die E-Reader. Amazon versucht hier bereits die Preise zu bestimmen, wie Apple das bei der Musik gemacht hat.
Welche Rolle sollen dabei die Mobilfunker spielen?
Chvátal: Wir bestimmen die Preise der Datenübertragung.
Stört es Sie, dass Orange ebenfalls das iPhone anbietet? In anderen Ländern haben einzelne Mobilfunker das Exklusivrecht.
Chvátal: Wir sind an den Wettbewerb gewöhnt. Ich hoffe aber, dass wir die bessere Leistung, Beratung, Applikationen und die besseren Tarife anbieten. Dieser Mix ist bei uns besser, als bei Orange. Wir haben zum Beispiel von Anfang an Visual Voicemail gehabt. Bei uns muss alles perfekt sein. Wir sind eine deutsche Firma - sehr gründlich.
T-Mobile engagiert sich auch sehr für Googles Handy-Betriebssystem Android, hat auch das erste Google-Handy vor einem Jahr nach Österreich gebracht. Glauben Sie, dass es am Ende einen Sieger gibt: Android oder iPhone?
Chvátal: Wir sind ein absoluter Wettbewerbs-Befürworter. Wir glauben, dass es gefährlich ist, wenn die Nummer eins zu stark wird. Mit Android und iPhone ist es wie mit uns und der Mobilkom. Weil es uns gibt, wird die Mobilkom nicht zu groß. Bei Betriebssystemen darf es auch keine Quasi-Monopole geben. Man hat das etwa lange bei Microsoft gesehen. Das geht jetzt ein wenig zurück.
Wir waren immer starke Befürworter von Android. Wir gehören auch zu den Gründungsmitgliedern der Open Handset Alliance. Außerdem schätzen wir das Geschäftsmodell der Apps bei Android, das auch an Mobilfunkbetreiber denkt. Aber wir verfolgen grundsätzlich die Strategie "wir sind Smartphone". Das heißt natürlich, dass wir nicht nur das iPhone, sondern eben auch andere Smartphones anbieten.
Was verkauft sich besser, das iPhone oder Android?
Chvátal: Der Vorteil von Android ist die Gerätevielfalt. Android gibt es von HTC, Motorola, Samsung. Dadurch werden die Geräte auch immer besser und immer billiger. Früher oder später werden die Smartphones dann nicht mehr 600 Euro kosten, sondern 300 oder nur 150 Euro. Dann wird es spannend. Demnächst werden wir auch wieder neue exklusive Geräte zeigen.
Wann bringt T-Mobile das Nexus One nach Österreich?
Chvátal: Wir als T-Mobile Österreich handeln diesen Deal nicht aus. Wir haben aber natürlich eine Meinung dazu. "Wir sind Smartphone" bedeutet auch, dass wir gute neue Smartphones unseren Kunden auch zur Verfügung stellen wollen. Da sind wir nicht zimperlich, wenn das Geschäftsmodell passt. T-Mobile US bietet es ja bereits an, T-Mobile UK wird es bald anbieten. Für den Rest der T-Mobile-Welt wird sich das erst entscheiden. Ich sehe aber kein Problem für T-Mobile Österreich.
Das Nexus One wird direkt von Google vermarktet. Was bedeutet das für einen Mobilfunker?
Chvátal: Das Nexus One ist nur dadurch anders, dass Google versucht es auf der eigenen Webseite zu verkaufen. Netzbetreiber sollen dann eine passende SIM-Karte schicken.
Orange-Chef Krammer fühlt sich als Mobilfunker durch dieses Modell aus der Wertschöpfungskette ausgeschlossen. Sie nicht?
Chvátal: Nein. Ich kann nur sagen "wir sind Smartphone" und Orange ist eben nicht Smartphone. Wenn wir finden, dass es sich technisch um ein gutes Gerät handelt, dann wollen wir es unseren Kunden auch zur Verfügung stellen.
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