Die Gaspipeline, die derzeit in Ostsibirien entsteht, ist eines der weltweit größten Bauprojekte. Über sie wird Gazprom zum ersten Mal China beliefern. Und an ihr lässt sich ablesen, um wie viel mehr der Konzern von Europa abhängt als umgekehrt.
Wer sehen will, wo das spektakulärste Bauprojekt des weltweit größten Gaskonzerns stattfindet, muss weit weg von Europa ins tiefe Asien blicken. Dort, unweit des ältesten Süßwassersees Baikal, schlagen Holzerntemaschinen Schneisen wie einen schier endlosen Strich in die Taiga. Und dort, in der südostsibirischen Einöde, legen Kräne wie emsige Metallmonster die 1,42 Meter dicken Stahlrohre in den morastigen Boden der hügeligen und menschenleeren Weite.
„Die Kraft Sibiriens“ heißt die neue Gaspipeline, an der der russische Gazprom-Konzern mit Nachdruck arbeitet und dessen Baufortschritt er in regelmäßigen Intervallen öffentlich dokumentiert. 1629 Kilometer seien mittlerweile errichtet, ließ er zuletzt am 21. März wissen. Das seien immerhin 75 Prozent des Abschnitts auf russischem Territorium von der Förderstätte Tschajandinskoje nördlich des Baikalsees bis zur Stadt Blagoweschtschensk 7800 Kilometer östlich von Moskau direkt an der Grenze zu China.
Am Ende wird die Pipeline, die seit Herbst 2014 errichtet wird, eine Länge von etwa 3000 Kilometern haben. Und am Ende wird sie, sobald die Chinesen auch den Teil auf ihrer Seite fertiggestellt haben, zum ersten Mal russisches Gas nach China transportieren. Am 20. Dezember 2019 ist es so weit. Ein Meilenstein zwischen den benachbarten Großmächten. Und eine Genugtuung für den russischen Konzern, der seinem Hauptkunden Europa seit Langem demonstrieren will, dass er auch anderswo Abnehmer finden kann, wenn der Westen sich gegen mehr Lieferungen aus Russland sperrt.