Der Franken ist gegenüber dem Euro auf den tiefsten Stand seit mehr als zwei Jahren gefallen. Das zeigt, wie weitreichend die Folgen der Russland-Sanktionen sind.
Der Kursrutsch des Franken in dieser Woche war untypisch für seinen Status als sicherer Hafen in Zeiten von Marktturbulenzen. Gegenüber dem Euro ist der Franken auf sein schwächstes Niveau seit Januar 2015 gefallen, während der Yen, der ebenfalls als sicherer Hafen gilt, zugelegt hat. Auslöser war die von den USA angedrohten Militäraktion gegen Syrien, ein Handelsstreit mit China - und Sanktionen gegen russische Oligarchen.
Die USA haben im Syrien-Konflikt neue Sanktionen gegen Russland verhängt, was zu einem Ausverkauf des Rubels und russischer Aktien führte. Dazu zählten auch Maßnahmen, die für mehrere mit dem Kreml verbundene Milliardäre den Zugang zu den globalen Finanzmärkten erschwerten.
Bloomberg
"Der Schweizer Franken ist direkt in die russische Sanktionsproblematik geraten", sagte Peter Rosenstreich, Leiter der Marktstrategie der Swissquote Bank SA. "Für eine kleine, offene Volkswirtschaft wie die Schweiz ist es extrem riskant, in ein geopolitisches Kräftemessen zu geraten. Die Schweiz profitiert immer noch von Sicherheit und Privatsphäre. Wenn das in irgendeiner Weise bedroht ist, werden manche Anleger nervös.
"Erhöhter Liquiditätsbedarf der Russen"
"Der Schweizer Franken wird derzeit hauptsächlich durch Kapitalströme getrieben, und die Russland-Sanktionen enthielten auch Schweizer Unternehmen, bei denen Russen investiert sind", sagte Manuel Oliveri, ein Währungsstratege bei Credit Agricole SA, und nennt Sulzer AG als Beispiel. "Der erhöhte Liquiditätsbedarf der Russen und die fehlende Bereitschaft, Bargeld in der Schweiz zu lassen, verändert die Korrelation des Frankens mit der Risikostimmung", sagte er und fügte hinzu, dass Marktspekulationen zu diesem Thema schwer zu bestätigen seien.
Seit Jahren locken Schwellenländer risikofreudige Geldgeber auf der Suche nach Profit an - historisch niedrige Zinsen in den Wirtschaftsmächten machten es möglich. Doch jetzt steigen die US-Zinsen und der Handelsstreit zwischen den USA und China, neue Russland-Sanktionen sowie die Zuspitzung im Syrien-Krieg sorgen für Verunsicherung. Anleger ziehen ihr Geld aus aufstrebenden Ökonomien ab - und bringen deren Währungen ins Taumeln. Die türkische Lira ist auf Rekordtief, der russische Rubel stürzt ab, und der Hongkong-Dollar wurde am Donnerstag vor eine Bewährungsprobe gestellt. Auch andere Schwellenländer-Währungen geraten unter Druck. APA/AFP/VASILY MAXIMOV
Die türkische Währung stürzt ins Bodenlose. Am Mittwoch mussten für einen Dollar bis zu 4,19 Lira und für einen Euro 5,19 Lira hingeblättert werden - beides ist so viel wie nie zuvor. Die globale Verunsicherung macht der Währung zu schaffen, aber das Problem liegt tiefer: Die Importe übersteigen die Exporte chronisch. Zudem ist die Inflation mit über zehn Prozent extrem hoch, ohne dass die Notenbank die Zinsen deutlich anhebt. Trotz guter Konjunktur fordert Staatschef Recep Tayyip Erdogan (im Bild) sogar Zinssenkungen. Experten warnen: Es drohe eine Überhitzung der Wirtschaft, also eine durch günstige Kredite zu hohe Produktion, die die Nachfrage übersteigt und in eine Stagnation oder gar Rezession umschlägt. APA/AFP/ADEM ALTAN
Nach der Ankündigung neuer US-Sanktionen hat die russische Währung allein diese Woche mehr als zehn Prozent ihres Wertes verloren. Am Mittwoch mussten für einen Dollar erstmals seit Ende 2016 über 65 Rubel gezahlt werden. Die Sanktionen treffen Russland ins Mark. Sie richten sich gegen 38 Firmen und Einzelpersonen, darunter sieben Oligarchen. Betroffen sind einige der reichsten Russen und deren Firmen, die eng mit Präsident Wladimir Putin (im Bild) verbunden sind."Die Sanktionen sollen es den Unternehmen so gut wie unmöglich machen, ihre Geschäfte in Dollar abzuwickeln", sagt Commerzbank-Experte Eugen Weinberg. APA/AFP/ADEM ALTAN
Brasiliens Währung hat innerhalb eines Monats sieben Prozent an Wert verloren und ist auf den schwächsten Stand seit Ende 2016 bei 3,43 Real je Dollar gefallen. Zwar ist die Wirtschaft nach zwei Jahren Rezession zuletzt wieder gewachsen. Das Land schreckt aber Anleger aber dennoch ab - vor allem wegen politischer Turbulenzen. Gegen Staatschef Michel Temer (im Bild) wird wegen Korruptionsvorwürfen ermittelt. Der aussichtsreichste Kandidat bei den Präsidentschaftswahlen im Oktober, Ex-Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva, ist bereits wegen Korruption zu einer Haftstrafe verurteilt. Seine Arbeiterpartei hält aber an der Kandidatur fest. Wirtschaftlich bedrohen zudem Strafzölle den zweitwichtigsten US-Stahllieferanten. APA/AFP/EVARISTO SA
Südafrikas Währung geriet zuletzt unter Druck und verlor innerhalb von gut zwei Wochen rund vier Prozent an Wert. Ähnlich wie in Brasilien war der Kurs der Landeswährung in Südafrika lange Zeit stark durch politische Skandale bestimmt. Unter anderem durch unberechenbare Personalwechsel im Finanzministerium hatte Ex-Präsident Jacob Zuma die Landeswährung immer wieder stark unter Druck gebracht. Seit dem Amtsantritt seines Nachfolgers Cyril Ramaphosa (im Bild) im Februar hat sich die Lage zwar beruhigt. Jetzt ist der Rand aber wieder auf den schwächsten Stand seit Zumas Sturz gefallen. REUTERS
Er ist ein Sonderling unter den Währungen, weil er in Eigenregie von der chinesischen Metropole verwaltet wird. Der Kurs ist weitgehend an den US-Dollar gekoppelt. Angesichts der jüngsten Zinserhöhungen durch die US-Notenbank Fed können Anleger ohne das Risiko hoher Kursschwankungen von Hongkong-Dollar in höher verzinste US-Papiere wechseln. Das stellt aber die Währungskopplung auf die Probe: Am Donnerstag fiel der Kurs des Hongkong-Dollar auf den schwächsten Stand seit über 30 Jahren. Jetzt könnten staatliche Eingriffe nötig werden, was wiederum die Zinsen steigen lassen dürfte. Eine Gefahr, denn seit Jahren sorgten Niedrigzinsen für einen Boom an Hongkongs Immobilien- und Aktienmarkt. Im Bild: Staatsoberhaupt Xi Jinping APA/AFP/GREG BAKER
Im Abwärtsstrudel: Warum Lira, Rubel & Co. taumeln
Der Kursrückgang des Frankens war mit starken Bewegungen in anderen Schweizer Märkten verbunden. Der Aktienkurs des Maschinenbauers Sulzer brach am Mittwoch ein, verzeichnete später den größten Anstieg in 21 Jahren, nachdem das Unternehmen sagte, dass es nicht mehr den US-Finanzbeschränkungen unterliege, da der sanktionierte russische Oligarch Viktor Vekselberg seinen Anteil reduziert habe.
An den Anleihemärkten stieg die Rendite der zweijährigen Schweizer Staatspapiere am Donnerstag auf den höchsten Stand seit einem Monat, während vergleichbare deutsche Renditen sanken.
Österreichische Konzerne mit Russland-Schlagseite werden an der Börse fallen gelassen: Strabag verliert mehr als drei Prozent, OMV fünf Prozent, Raiffeisen Bank International gleich mehr als 14 Prozent.
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