Zukunft der Sozialversicherung: Kanzler konkretisiert Klubchef

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Man plane eine "einheitliche Abgabestelle für die Einhebung aller lohnabhängigen Abgaben", sagt Kurz. Wöginger hatte gemeint, sie Einhebung bleibe bei der Sozialversicherung. Die ÖVP betont: Es gibt keine Widersprüche.

Das Thema Sozialversicherung lässt weitere Gräben in der ÖVP zutage treten. Kanzler und Parteichef Sebastian Kurz widersprach am Mittwoch seinem Klubchef August Wöginger, der am Wochenende den Verbleib der Beitragseinhebung bei den Kassen zugesagt hatte. Zuvor hatte sich wiederum Wöginger mit Ländervertretern angelegt, die eine AUVA-Bestandsgarantie vermeldet hatten.

Bezüglich der Beiträge gebe es eine klare Regelung im Regierungsprogramm, die auch umgesetzt werden solle, so Kurz im Pressefoyer nach dem Ministerrat. Im Programm von ÖVP und FPÖ ist von einer "einheitlichen Abgabestelle für die Einhebung aller lohnabhängigen Abgaben" die Rede. Wöginger als koalitionsinterner ÖVP-Verhandler hatte hingegen versichert, dass die Einhebung bei der Sozialversicherung bleiben soll.

Einer Meinung war Kurz mit Wöginger hingegen in der Frage des Weiterbestehens der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt AUVA. Auch hier gelte das Regierungsabkommen, versicherte der Bundeskanzler, Wöginger habe hier schon alles klargestellt. Demnach wird der AUVA die Auflösung angedroht, sollte sie erste finanzielle Einsparungen der 500-Millionen-Euro-Vorgabe der Regierung nicht bis Jahresende schaffen.

"Vielleicht auch unterschiedliche Auffassungen"

Der Salzburger ÖVP-Gesundheitsreferent Christian Stöckl hatte am Dienstag hingegen nach schwarzen Bund-Länder-Gesprächen von einem einheitlichen Eintreten für die Erhaltung der AUVA gesprochen. Kurz gestand nun ein, dass es "vielleicht auch unterschiedliche Auffassungen" geben könnte, kündigte aber für "demnächst" einen Ministerratsvortrag im Sinne des Regierungsprogramms an.

Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) kommentierte die Ausführungen von Kurz nur sehr knapp. "Dahinter stehen wir voll und ganz", sagte er.

ÖVP sieht keinen Widerspruch, SPÖ ortet Chaos

Mittwochnachmittag präzisierte die ÖVP: Die Beitragserhebung soll vorerst (über eine einheitliche Einhebungsstelle) bei den Kassen bleiben, aber in einem zweiten Schritt von der Finanzverwaltung übernommen werden. Widerspruch gebe es also keinen.

Die SPÖ ortet beim Thema Gesundheit indes ein "Regierungschaos". "Die sich fast täglich ändernden Haltungen von FPÖ und ÖVP beim Thema Gesundheit finden im heutigen Streit zwischen ÖVP-Klubchef (August, Anm.) Wöginger und Bundeskanzler (Sebastian, Anm.) Kurz um die Einhebung der Abgaben einen neuen Höhepunkt", meinte SPÖ-Gesundheitssprecherin Pamela Rendi-Wagner in einer Aussendung.

Die Gesundheitspolitik der Regierung sei "eine Zumutung sowohl für Patientinnen und Patienten als auch die Beschäftigten im Gesundheitsbereich", so die Abgeordnete. Aus ihrer Sicht müsse die Beitragsprüfung und die Beitragseinhebung weiterhin von den Krankenkassen durchgeführt werden, betonte Rendi-Wagner.

Denn die Finanz würde nur die tatsächlichen Geldflüsse prüfen, die Sozialversicherung hingegen auch, ob die Arbeitnehmer "auch richtig, also nicht zu niedrig, eingestuft sind". Bei einer Verlagerung hin zur Finanz wären Lohn- und Sozialdumping "Tür und Tor geöffnet", so die Befürchtung der SPÖ-Gesundheitssprecherin, die im Hintergrund der VP-FP-Gesundheitspolitik "augenscheinlich eine Privatisierung des Gesundheitssystems" ortete.

(APA)

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