In Italien streiten Lega und Grillini über das Regierungsprogramm.
Rom/ Wien. Nachspielzeit für die zähen italienischen Regierungsverhandlungen: Bis nächsten Montag haben jetzt die ausländerfeindliche Lega und die radikale Fünf-Sterne-Bewegung Zeit, um sich auf eine gemeinsame Regierung zu einigen. Diese letzte Chance gibt ihnen Staatspräsident Sergio Mattarella, den die Chefs der beiden Parteien Montagabend aufsuchten. Scheitern die Verhandlungen, wird Mattarella entweder gleich Neuwahlen ausrufen oder eine Expertenregierung einsetzen.
Am Wochenende noch schien die „Große Koalition“ der Populisten auf Schiene zu sein: Das Regierungsprogramm sei fixiert, es fehle nur der Name des Premiers, hieß es. Montagabend sah die Lage dann nicht mehr ganz so rosig aus: Einen Regierungschef hatten Lega-Chef Matteo Salvini und Fünf-Sterne-Vorsitzender Luigi Di Maio immer noch nicht gefunden. Und plötzlich war man sich auch nicht mehr einig beim Regierungsprogramm, an dem auch gestern gefeilt wurde.
Vor allem die Lega legt sich quer: Unter anderem spießt es sich nach Angaben der Rechtspopulisten beim Thema Migration. Die Partei fordert „Massenausweisungen“ von illegalen Einwanderern, die Fünf-Sterne-Bewegung hingegen will Menschenrechtsstandards einhalten. Zudem bevorzugt sie bilaterale Verträge mit Herkunftsländern. Matteo Salvini pocht jetzt darauf, dass seine Partei im Falle einer Regierungsbeteiligung „freie Hand“ in der Migrationspolitik bekommt.
Uneinigkeit herrscht offenbar auch bei EU-Themen. Da zeigt die Lega plötzlich wieder die Zähne. Man werde die Maastricht-Defizitgrenze von Drei-Prozent zumindest ausreizen, hieß es gestern. Tatsächlich braucht das hochverschuldete Italien Geld, um die teuren Regierungspläne zu finanzieren: Lega und Fünf-Sterne planen eine Flat Tax und ein Grundeinkommen.
Warnungen aus Brüssel
In Brüssel blickt man besorgt auf diese Vorhaben: Valdis Dombrovskis, Vizepräsident der EU-Kommission, warnte die künftige Regierung in Rom, am Schuldenabbau festzuhalten. Sein Kollege, EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos, hofft, dass es in Rom zu keiner Wende in Sachen Migrationspolitik kommt. Salvini quittierte die beiden Mahnungen als „unzulässige Einmischung“ durch EU-Technokraten.
Unklar ist, was die Lega zur plötzlichen Blockadehaltung bewogen hat. Möglicherweise steckt Silvio Berlusconi dahinter, den Salvini Montag aufsuchte. Der mächtige Partner Salvinis macht kein Geheimnis daraus, dass er von einer Koalition mit den Grillini nichts hält. Und der Lega-Chef weiß, dass er ohne den Segen des 81-jährigen Ex-Premiers, der große Teile der Medien kontrolliert, nichts bewirken kann. (basta.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2018)