SPÖ: Ministerien "verzögern und schwärzen Akten" für U-Ausschuss

Jan Krainer
Jan KrainerAPA/GEORG HOCHMUTH
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Bisher seien "nicht einmal zehn Prozent" der geforderten Unterlagen eingetroffen, kritisiert der rote Fraktionsführer Krainer. Das Innenministerium weist dies zurück.

Die SPÖ beklagt, dass die Ministerien bei der Akten-Lieferung für den BVT-Untersuchungsausschuss säumig seien. Und die wenigen gelieferten Akten seien stark geschwärzt. "Das was wir sehen, ist, dass Ministerien Aktenlieferungen verzögern", sagte der SPÖ-Fraktionschef im U-Ausschuss, Jan Krainer, am Dienstag. Innenminister Herbert Kickl (FPÖ), der zeitgleich eine Neuaufstellung des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung ankündigte, sieht er wegen der Affäre rücktrittsreif.

Das Innenressort habe in den vergangenen vier Wochen keinen Akt geliefert, sagte Krainer. Erst Montagabend seien erstmals Unterlagen eingetroffen - "ganz wenige Akten und die ganz hoch qualifiziert". Bisher seien "nicht einmal zehn Prozent" der geforderten Unterlagen eingetroffen. Außerdem würden die Ministerien "vertuschen": "Wir haben es schon wieder mit geschwärzten Akten zu tun", beklagt der Abgeordnete. Diese seien derart geschwärzt, "dass sie überhaupt keine Geheimnisse verraten."

Erneuter Gang vor den VfGH denkbar

Allen Ministerien voran sei das Innenressort bei der Aktenlieferung im Verzug, aber auch das Justiz- sowie das Außenministerium, so Krainer. Im Justizressort habe man darauf verwiesen, dass es "sehr kompliziert" sei, die geforderten Akten zu finden. "Sie hatten aber vier Wochen Zeit", betonte Krainer.

Man werde nun die Ministerium dazu auffordern, die Akten rasch und ungeschwärzt zu liefern, sagte Krainer. Er habe diesbezüglich bereits Kontakt mit den anderen Oppositionsfraktionen aufgenommen. Er verwies auch auf ein Urteil des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vor zwei Jahren, wonach eine Schwärzung nicht zulässig ist. Notfalls wäre ein erneuter Gang vor den VfGH denkbar, so Krainer. Der rote Fraktionsführer will auch Nationalrats-Präsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) dazu auffordern, dass sich dieser noch einmal an die Ministerien wendet. Sollten sich die Aktenlieferungen weiter verzögern, sieht Krainer eventuell auch den geplanten Start der Befragungen im U-Ausschusses gefährdet.

Dass die Aktenlieferung wichtig seien, sehe man auch an einem aktuellen Bericht des Falters, laut dem hochbrisante Daten bei der BVT-Hausdurchsuchung mitgenommen worden sein sollen. Dies bedeute einen "Super-GAU für die Sicherheit des Landes", sagte Krainer. Vor allem, dass laut dem Bericht eine gemeinsame Datenbank der Geheimdienste kopiert worden sein soll, die sensible Daten von Geheimdiensten enthalten soll, die mit Österreich kooperieren, sieht er kritisch. Er erinnerte daran, dass deutsche Geheimdienste bereits im Justizministerium angefragt hatten, ob deutsche Daten kopiert worden sind. Das Ressort hatte dies Ende März verneint. "Jetzt aber hat sich herausgestellt, dass alle sensiblen Daten", kopiert worden seien. "Das bedeutet, dass Österreich vermutlich in Zukunft in Europa von wichtigen Daten abgeschnitten ist." "Erschreckend" sei auch, dass laut dem "Falter"-Bericht die Leiterin des Extremismusreferates offenbar "weggemobbt" werden soll.

"Kickl vollkommen unqualifiziert"

Mit Blick auf die Reformpläne Kickls beim BVT sagte Krainer, er habe den Eindruck, dass der Minister "anscheinend versucht hat, das BVT zu übernehmen, den Kopf abzuschlagen (BVT-Chef Peter Gridling, Anm.)." Nach der gerichtlichen Aufhebung des Suspendierung Gridlings habe Kickl nun offenbar vor, "das BVT zu filetieren und die Einzelteile umzufärben", so Krainers Vorwurf. "Kickl hat gezeigt, dass er vollkommen unqualifiziert ist und sich als Sicherheitsrisiko darstellt", vor allem wegen der Gefährdung der Zusammenarbeit mit anderen Geheimdiensten. "Kickl sollte seinen Hut nehmen und als Innenminister zurücktreten. Er ist nicht in der Lage für die Sicherheit in Österreich zu sorgen, sondern ist selbst ein Sicherheitsrisiko", sagte Krainer.

Innenministerium verweist auf Frist

Das Innenministerium wies unterdessen den Vorwurf der SPÖ, das Ressort sei bei der Lieferung von Akten für den BVT-U-Ausschuss säumig und habe geschwärzte Akten übermittelt, als falsch zurück. "Derartige Aussagen sind falsch", hieß es am Dienstagnachmittag in einer Aussendung des Ressorts. Auch gegen den Vorwurf der Verzögerung wehrt sich das Innenministerium in der Stellungnahme: "Behauptungen, das BMI würde Akten nicht fristgerecht übermitteln, sind ebenfalls falsch." Zuvor hatten auch die Neos das Innenministerium kritisiert, langsam und geschwärzte Akten zu liefern. zu  Das Ministerium verwies auf die Frist - diese würde nicht bei vier, sondern acht Wochen liegen, und somit erst am 19. Juni 2018 enden.

Grund dafür sei die Komplexität der geforderten Unterlagen: "Akten sind notwendigerweise hinsichtlich Quelle im Sinne des Art. 52a Abs 2 B-VG eingehend zu prüfen und die erforderlichen Klassifizierungen zu verifizieren. Des Weiteren ist eine Vielzahl von Organisationseinheiten zu befassen, zum Teil sämtliche Bediensteter bestimmter Organisationseinheiten sogar persönlich. Das Bundesministerium für Inneres hat daher die 8-wöchige Vorlagefrist in Anspruch genommen, dies dem Parlament fristgerecht kundgetan und ausreichend begründet", hieß es in der Aussendung.

(APA)

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