Udo Proksch-Doku: Porträt eines Hofnarren

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Robert Dornhelm nähert sich in dem Dokumentation "Udo Proksch - Out of Control" dem Liebling der Schickeria wohlwollend, aber doch distanziert. Viel Platz wird dem Thema „Udo Proksch und die Frauen“ eingeräumt.

Er war der Hofnarr der sozialdemokratisch geprägten Wiener Gesellschaft der Siebziger- und Achtzigerjahre. Ein Homme à femmes, ein Militarist, ein Kreativer, ein Machtmensch, ein Scharlatan. Aus heutiger Sicht wirkt die „Kunstfigur“ Udo Proksch, der mit großem Gestus seine teils abstrusen Thesen verbreitete, weitgehend lächerlich. Aber man kann die Faszination, die von ihm ausging und der so viele Menschen – auch die sonst so kritischen – verfielen, noch erahnen.

Robert Dornhelm begegnet dem Porträtierten in Udo Proksch – Out of Control zwar mit einem gewissen Wohlwollen, von einer Verherrlichung oder Rechtfertigung ist seine Dokumentation (ab morgen in den Kinos) aber weit entfernt. Dornhelm führt Proksch als Kreativ- und Wirrkopf vor. Besser gesagt: Proksch tut das selbst. Seine Monologe werden unkommentiert wiedergegeben. „Lächelnd sterben ist das Größte“, befindet der „Erfinder des Senkrechtbegrabenwerdens“ beispielsweise, „das ist für mich mehr als auf den Mars geschossen zu werden“.

Eine ziemlich treffende Analyse des Udo Proksch bietet Erich Müller, der Staatsanwalt im „Lucona“-Prozess: Proksch sei „ein Mephisto“ gewesen. „Er war genial darin, Menschen glauben zu machen, dass er so ein guter Mensch ist.“ Wie zur Bestätigung von Müllers Worten erklären Prokschs Freunde und Lebensmenschen – von Erika Pluhar bis Daphne Wagner, von Niki Lauda über Karl Schranz bis Teddy Podgorski –, dass sie nicht glauben können, dass Proksch ein Mörder gewesen sei. Selbst sein damaliger Richter Hans-Christian Leiningen-Westerburg äußert leise Zweifel daran.

Mit der von Udo Proksch zur Sprengung gebrachten „Lucona“ versanken sechs Besatzungsmitglieder im Indischen Ozean. Wegen sechsfachen Mordes wurde er 1992 dann auch zu lebenslanger Haft verurteilt.

Viel Platz wird erwartungsgemäß dem Thema „Udo Proksch und die Frauen“ eingeräumt. Er habe sie geliebt und geachtet, verachtet und misshandelt, sagt Proksch selbst. „Zärtlich, weich und verständnisvoll“ sei er gewesen, „feinfühlig und grobschlächtig“ sowie „ein Meister der Verführung“, erinnern sich seine Frauen.

Einen launigen Vergleich zieht Wiens verstorbener Altbürgermeister Helmut Zilk: Proksch sei diesbezüglich – ein nicht wirklich schöner Mann, um den sich dennoch die schönsten Frauen scharten – wie Napoleon, Berlusconi oder Bacher gewesen. Zumindest Gerd Bacher bekam von Dornhelm die Gelegenheit, das zurückzuweisen – was er dann auch tat. Aber selbst aus den Statements des konservativen Publizisten Gerd Bacher ist eine ungebrochene Faszination für Udo Proksch herauszuhören.

Medienmenschen, Künstler, Politiker, Unternehmer – sie alle scheinen Udo Proksch hörig gewesen zu sein. Er hat sie unterhalten, ihnen den „Kasperl“ gemacht und dabei auch noch das eine oder andere gute Geschäft eingefädelt. Und nicht nur das. In Prokschs „Demel“ war sogar ein Separée für seine politischen Freunde eingerichtet. Denn wo hätten diese mit ihren Gespielinnen denn sonst hingehen können in einer Kleinstadt wie Wien? Dass Proksch davon heimlich Fotos machen ließ, verrät seine Exfrau Daphne Wagner. Sie hat sie allerdings verbrannt, ehe Proksch diese für Erpressungsversuche nutzen konnte.

„Ein innovativer Wahnsinniger“

Robert Dornhelm lässt in Out of Control – neben der Verwendung von Prokschs privatem Filmarchiv – in erster Linie dessen Weggefährten reden. Für Niki Lauda war Udo Proksch alias Serge Kirschhofer – so nannte er sich als Designer – ein „innovativer Wahnsinniger“. Für Helmut Zilk war dessen „Club 45“ ein „nicht ungefährlicher Exklusivzirkel“. Nicht nur Sozialdemokraten seien auf ihn hereingefallen, bekennt Gerd Bacher. „Der Udo hat gern Verbrecher und Unterwelt gespielt – daraus ist dann leider Ernst geworden“, meint Teddy Podgorski. „Seine Tragödie war – er hat sich selbst nie gefunden“, resümiert Karl Schwarzenberg.

Doch auch sein Faible für Gewalt kommt immer wieder durch. Der Mann sei von Natur aus ein Killer, nur das bürgerliche Gesetzbuch schiebe dem einen Riegel vor, schwadroniert Proksch. Zurück bleibt ein ambivalenter Eindruck: Oft denkt man, er sei ein großes Kind gewesen, das nur spielen wollte, oft aber auch, dass hier wirklich ein Soziopath am Werk war.

So entstand ein umfangreiches, von allen Seiten beleuchtetes Bild eines Widersprüchlichen. Man kann die Faszination heute nicht mehr verstehen, aber man kann sie noch erahnen. Das ist Robert Dornhelms Verdienst. Robert Dornhelm im Sucher, Seite 27

AUF EINEN BLICK

„Udo Proksch– Out of Control“, ein Dokumentarfilm von Robert Dornhelm (siehe Im Sucher S. 27) über den als Drahtzieher des „Falls Lucona“ berüchtigten Schickerialiebling Udo Proksch (1934–2001). Der Film läuft ab Freitag in sechs heimischen Kinos: Actor's Studio, Gasometer, Künstlerhaus, Millennium UCI (Wien); Hollywood Megaplex (St. Pölten), Geidorf Kunstkino (Graz).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.03.2010)

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