Thyssen muss Zahn zulegen

ThyssenKrupp-Chef Hiesinger.
ThyssenKrupp-Chef Hiesinger. (c) REUTERS (FRANCOIS LENOIR)
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Aktionäre fordern nach dem Stahlbündnis mit Tata schnellen und weitgehenden Umbau. Eine Revolution dürfen sie nicht erwarten.

Essen. Es ist, wie meist, eine Sache des Blickwinkels: Während sich die Arbeitnehmer von ThyssenKrupp lange gegen die Abspaltung und Fusion der Stahlsparte mit Tata Steel stemmten, geht den meisten Aktionären der Konzernumbau nicht weit und schnell genug. Wiederholt prasselte während der zähen Verhandlungen harsche Kritik auf ThyssenKrupp-Boss Heinrich Hiesinger nieder. Vor allem der aktivistische Großaktionär Cevian sitzt ihm im Nacken.

Am Mittwoch, nur drei Tage nachdem die Bildung des zweitgrößten europäischen Stahlkonzerns mit 17 Mrd. Euro Umsatz und 48.000 Mitarbeitern endgültig besiegelt worden ist, machte Hiesinger den Anlegern Hoffnung: „Wir haben ThyssenKrupp tatsächlich tiefgreifend verändert“, sagte er in einem Interview mit der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“. „Aber die Arbeit ist nie zu Ende. Und unser Weg ist sehr klar. ThyssenKrupp wird zu einem starken Industrie- und Dienstleistungskonzern.“

Das kam an der Börse gut an, obwohl noch keine Details vorliegen. Die Thyssen-Aktie gewann bis zu 2,8 Prozent auf rund 21 Euro. Schub kam auch von der UBS, die die Titel von „Neutral“ auf „Buy“ hochstufte und das Kursziel von 24 auf 30 Euro anhob.

Schon nächste Woche will Hiesinger dem Aufsichtsrat seine Strategiepläne präsentieren. Eine schnelle Revolution wird allerdings nicht erwartet – angesichts des mehr als zwei Jahre dauernden Tauziehens um das Stahlbündnis. Er werde ein „geschärftes Strategiebild“ vorstellen, sagte er im Interview und bestätigte damit Spekulationen zur weiteren Vorgangsweise. Möglicherweise werden das Werkstoffhandelsgeschäft und auch Teile des Werftengeschäfts auf die Verkaufsliste gesetzt. Im Gegenzug sollen die Technologiegeschäfte auch mit Zukäufen gestärkt werden.

Cevian, der Fondsgesellschaft Union Investment und dem US-Hedgefonds Elliott geht das nicht weit genug. Sie fordern, dass Hiesinger alle Sparten auf den Prüfstand stellt. „Jetzt muss für jede der Sparten konsequent geprüft werden, welche Struktur und welche Eigentumsverhältnisse am besten geeignet sind“, fordert Cevian-Gründer Lars Förberg. Und Union-Portfoliomanager Ingo Speich meint, „Herr Hiesinger muss schleunigst den Konzernumbau vorantreiben, damit Thyssenkrupp noch vor dem nächsten Konjunkturabschwung wetterfest gemacht wird.“

Sparten auf vier halbiert

Hiesinger hält dem entgegen, dass er bereits tiefgreifende Veränderungen auf den Weg gebracht hat. 2011 habe es acht Sparten gegeben. Nach dem Joint Venture mit Tata seien es vier. 2016/17 ist das bereinigte Betriebsergebnis um ein Drittel auf 1,9 Mrd. Euro gestiegen.

Möglicherweise nimmt er sich an der Voestalpine ein Vorbild. Konzernchef Wolfgang Eder hat das einstige Milliardengrab der „Verstaatlichten“ zu einem Hochtechnologie-Konzern umgebaut, der vor allem für die Auto-, die Öl- und die Luftfahrt-Industrie Komponenten, Rohre und Spezialteile liefert. (eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2018)

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