Warum fällt Emmanuel Macron dem EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker derart in den Rücken? Einen Tag nach Junckers erfolgreichen Gespräch mit US-Präsident Donald Trump attackiert der französische Präsident die USA.
Normalerweise ist es Donald Trump, der per Twitter brüskiert und erzielte Kompromisse mit einem Federstrich zunichte macht. Doch diesmal ist alles anders. Nach dem Treffen zwischen Trump und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker war ein kollektives Aufatmen zu vernehmen. Die Hoffnung lebte wieder, dass sich die Handelsbeziehungen zwischen EU und Amerika zumindest nicht weiter verschlechtern. Doch dann griff Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zum Smartphone und twitterte, dass er kein Interesse ein einem umfassenden Abkommen zwischen EU und den USA habe, und außerdem - so erklärte er am Rande seines Staatsbesuchs in Spanien - können Verhandlungen nicht auf Drohungen beruhen. Warum torpediert Macron Junckers diplomatische Mission?
Hier drei mögliche Gründe:
1. Frankreich hat kein Problem mit Zöllen auf Autos
Einer der wichtigsten Punkte beim Gipfel zwischen Juncker und Trump waren die drohenden US-Importzölle auf Autos. Dies hätte vor allem für die deutsche Autoindustrie (und nicht minder für die österreichische Autozulieferindustrie) einen herben Wettbewerbsnachteil bedeutet. Dass diese Drohung zumindest mittelfristig vom Tisch ist, ließ am Donnerstag die Aktienkurse der Autokonzerne steigen. Auch Frankreich hat eine bedeutende Autoindustrie. Allerdings hat diese im Gegensatz zur deutschen auf amerikanischem Terrain so gut wie nichts verloren. Die Franzosen konzentrieren sich also auf den Heimmarkt. Sie wollen - ähnlich wie die Amerikaner - ausländische Konzerne von ihrem Heimatmarkt fernhalten. Sollten die Autozölle zwischen den USA und Europa sinken oder gar wegfallen, dann müsste das auch für andere Länder gelten. Dann hätten es japanische und südkoreanische Autoriesen auch leichter, in Frankreich zu reüssieren.
2. Macron und die wilden französischen Bauern
Macron weiß, dass mit den französischen Bauern nicht gut Kirschen essen ist. Bereits Anfang des Jahres bekam der smarte Präsident bei der Pariser Landwirtschaftsmesse "Salon de l'Agriculture" sein Fett ab. Mag er andernorts populär sein, von den Bauern wurde er ausgebuht - ja sogar beleidigt. Tatsächlich fürchtet die französische Agrarlobby jegliche Aufweichung der Handelsbarrieren für Agrarprodukte. Unmissverständlich machte Macron am Donnerstag klar, dass bei den Verhandlungen mit den USA die Landwirtschaft ausgeklammert werden müsse. Alleine, dass sich die Europäer dazu bereit erklärt haben, mehr amerikanische Sojabohnen zu kaufen, macht die Franzosen nervös.
3. Macron hat mit Trump noch eine Rechnung offen
Es war eine der bittersten Lektionen, die Emmanuel Macron in seiner Amtszeit erteilt wurde. Bei seinem Besuch bei Donald Trump in Washington im April wurde er von dem rüden Mann im Weißen Haus regelrecht vorgeführt. Vor dem gemeinsamen Foto putzte Trump Macron noch rasch die Schuppen vom Anzug und witzelte, dass er Macron nun noch perfekter gemacht hätte. In Frankreich erntete Macron für seinen Auftritt Spott und Hohn. Als "Schoßhündchen" wurde er bezeichnet, als Trumps "Kasperlpuppe". Macrons "Diplomatie der Zärtlichkeit" wurde also im Keim erstickt. Nun weht ein anderer Wind aus Paris. Wie formulierte es der französische Wirtschaftsminister Bruno le Maire kürzlich: "Wir lassen und die Pistole nicht auf die Brust setzen."