Novatek wird Russland zum ernstzunehmenden Spieler auf dem Flüssiggasmarkt machen. Sein Großabnehmer liegt weit weg von Europa. Seltsam ist nur eines: Der Konzern steht auf der US-Sanktionsliste, beliefert aber die USA ebenso.
Es war ein denkwürdiges Ereignis, als die russischen Gastanker „Wladimir Rusanow“ und „Eduard Toll“ am 17. bzw. 18. Juli im chinesischen Hafen Jiangsu Rudong eintrafen. Am 25. bzw. 27. Juni waren sie von Sabetta auf der Halbinsel Jamal, 71 Grad und 16 Minuten nördlicher Breite, gestartet. Etwas mehr als drei Wochen brauchten sie für die Fahrt durch die russische Nordostpassage Richtung Beringstraße und weiter in den Süden. Und schon an diesem Dienstag sollte der dritte Tanker „Christophe de Margerie“, benannt nach dem in Moskau verunglückten Chef des französischen Konzerns Total, in China eintreffen.
Denkwürdig ist das Ereignis schon allein für die Schifffahrt, wurde doch die Nordostpassage zum ersten Mal in ihrer Geschichte von einem Tanker ohne Begleitung eines Eisbrechers befahren. Dass dies gerade Russlands zweitgrößtem und privatem Gaskonzern Novatek mit seinem Flüssiggas (LNG) gelang, ist für ihn allerdings nur eine zusätzliche Ehre. Die größere Bedeutung liegt in der Eröffnung einer neuen Route für sich nach China, die die Fahrzeit gegenüber der westlichen Route um fast die Hälfte verringert und damit Millionen spart. Und mindestens so bedeutsam ist, dass das Unternehmen damit seinem Hauptkonkurrenten Gazprom, der eben noch an seiner ersten Gaspipeline ins Reich der Mitte arbeitet, zuvorgekommen ist.
Die Chinesen selbst haben dafür gesorgt, indem sie gemeinsam mit Novatek in die Produktion von Flüssiggas in Russland, konkret in das Gemeinschaftsunternehmen „Jamal LNG“ in Sabetta, eingestiegen sind. 29,9 Prozent halten sie an ihm, 20 Prozent gehören der französischen Total. Die Mehrheit liegt bei Novatek.