Der Kampf um die neue Weltordnung hat begonnen

Chinesen hinterlassen mehr digitale Spuren als Menschen anderer Länder.
Chinesen hinterlassen mehr digitale Spuren als Menschen anderer Länder.REUTERS
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China und die USA rittern um die Tech-Vorherrschaft: Der Staat, der künstliche Intelligenz beherrscht, hat einen klaren strategischen Vorteil. Europa hinkt nach und muss sich fragen: Ist die Demokratie in Gefahr?

Es war viel mehr als nur ein Spiel: Den Kopf auf den rechten Oberarm gelegt, ermattet, lag der 19-Jährige auf dem Tisch. Neben ihm ein Brett mit weißen und schwarzen Steinen. Der Chinese war gerade von einer Maschine besiegt worden. „Perfekt, ohne Emotionen“, nannte Ke Jian den Computer. „Gottgleich.“ Eine Maschine hatte einmal mehr bewiesen, wozu künstliche Intelligenz in der Lage ist. Weiqi oder Go galt lang als zu komplex für künstliche Intelligenz. Zum zweiten Mal hatte AlphaGo nun im Mai 2017 einen Weltmeister des mehr als zwei Jahrtausende alten Spiels besiegt.

Bei dem Duell prallten nicht nur Menschen und Maschine aufeinander. Sondern auch zwei Kulturen. AlphaGo, eine Erfindung des US-Konzerns Google. Und Weiqi, ein Inbegriff chinesischen strategischen Denkens. Während der junge Ke noch vor aller Welt den Tränen nahe war, hatten Chinas Politstrategen bereits einen Masterplan parat. Bis 2030 will Staats- und Parteichef Xi Jinping sein Land als weltweit führendes Innovationszentrum für künstliche Intelligenz (KI) etabliert und fünf Jahre früher, 2025, in einen Hightech-Produzenten verwandelt haben. „Made in China 2025“ lautet die Zauberformel. Einen Großteil der Ausrüstung für ihre technologische Revolution will die Volksrepublik dann selbst produzieren.

Die Ankündigung Xis versetzte dem Höhenflug der Tech-Koryphäen im Silicon Valley einen Schlag. Das Strategiepapier sei der Beweis, dass China die USA im Bereich künstlicher Intelligenz schon im nächsten Jahrzehnt überholt haben könnte, warnte Eric Schmidt, Vorstandsvorsitzender des Google-Mutterkonzerns Alphabet. Die Zahlen sprechen für sich: Chinesische Autoren tragen heute – wenn auch mit teilweise fragwürdigen wissenschaftlichen Standards – rund 43 Prozent aller globalen Forschungsbeiträge auf dem Gebiet der KI bei. 2017 floss knapp die Hälfte der weltweiten Investitionen in KI-Start-ups nach China. Innerhalb weniger Jahre stieß die chinesische Erfinderelite ihre US-Kollegen vom Thron. Der Anführer der chinesischen Jungstars ist Sensetime, das sich auf Gesichtserkennung spezialisiert hat. Mit mehr als 4,5 Milliarden US-Dollar ist es das wertvollste KI-Start-up der Welt.

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