Millennials: „Das Handy ist wie ein Körperteil“

Jugendliche verzichten eher auf Sex und Familie als auf das Telefon.
Jugendliche verzichten eher auf Sex und Familie als auf das Telefon.(c) Getty Images (John Moore)
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15- bis 25-Jährige können eher auf Sex und Familie verzichten als das Telefon, so eine Studie. Sie wollen Karriere, Eigenheim – und haben weniger Angst vor Migration.

Wien. Fast könnte man meinen, dass die 15- bis 25-Jährigen nur noch auf Facebook sind, um ihre Eltern zu stalken. Denn die Älteren posten dort noch aktiv Statusmeldungen und Bilder – während die Jüngeren Facebook größtenteils nur noch passiv nutzen: Whatsapp, Instagram, Youtube und Snapchat haben das blaue F längst abgelöst.

Das zeigt eine Online-Umfrage unter 2500 Österreichern – darunter rund 700 sogenannte Millennials –, die Marktagent und die Kreativagentur Kobza And The Hungry Eyes am Donnerstag präsentiert haben. Dass die jungen Menschen ohne soziale Medien nicht mehr leben wollen und können, ist ein (wenig überraschender) Befund der Studie: Interessant finden die Jungen an den sozialen Medien die Aufmerksamkeit, die sie bekommen, die Möglichkeit, auf andere zuzugehen und dass sie dort ihre Persönlichkeit entfalten könnten – zugleich ist jeder vierte junge Befragte aber wegen Instagram und Co. auch eifersüchtig auf seine Freunde.

Auf Mobiltelefon und Internet zu verzichten kommt für die meisten Jungen jedenfalls auch nicht infrage. Dann lieber noch kein Alkohol, Sex oder Fleisch (siehe Grafik). Viele Junge würden sogar eher eine Woche lang ohne Familie auskommen als ohne Telefon. „Das Handy ist wie ein Teil des Körpers“, sagt Kaitlyn Chang (KTHE) überspitzt. Oder vielleicht gar nicht so überspitzt: 72 Prozent der Unter-25-Jährigen checken nach dem Aufstehen als erstes ihr Handy. Und sieben von zehn nehmen es mit aufs WC. (Über 40 tun das auch drei von zehn.)

Interessanter, erfüllender Job

Die Einstellung zur Arbeit entspricht dagegen nicht ganz dem Diskurs der vergangenen Jahre. 78 Prozent geben an, dass sie Karriere machen wollen. Ähnlich vielen ist es wichtig, sich im Leben viel leisten zu können, ein Ziel ist auch ein Eigenheim. „Die wollen arbeiten“, sagt Chang. Gleichzeitig sind sie bei Ort und Arbeitgeber flexibel – und ein sicherer Arbeitsplatz und gutes Gehalt ist ihnen weniger wichtig als ein interessanter, erfüllender Job. Was wieder eher in den jüngsten Diskurs passt, Stichwort Generation Y.

Widersprüchlich sind die Aussagen zum Konsum: So finden die meisten Jungen laut der Umfrage, dass die Gesellschaft zu viel Wert auf Konsum legt. Im täglichen Leben sind sie allerdings viel konsumorientierter als die Älteren, kaufen Produkte, die sie eigentlich nicht brauchen, setzen (zu) oft auf Marken und wollen bei Trends möglichst ganz vorne dabei sein.

Dafür sind die Jungen insgesamt eher bereit für Neues – nicht nur bei Technologie. 56 Prozent sind dafür, gegenüber Fremden/Zuwanderern offener zu sein – das sagt nur knapp jeder Vierte über 40. „Die Millennials haben ein ähnliches Wertegerüst wie die Älteren“, sagt Thomas Schwabl (Marktagent). „Die wollen genauso ein Eigenheim, Familie, Jobs, selbst Hochzeit ist auch ein Thema. Sie sind aber viel offener in ihrem Weltbild.“ Zuwanderung und Flüchtlingsströme machen ihnen deutlich weniger Sorgen als den Älteren – wobei sich auch unter den Millennials zeigt, was Wahlen zeigen: Frauen und besser Gebildete haben weniger Angst. Als Problem Nummer eins identifizieren Ältere wie Jüngere Umwelt und Klima.

Dass gesellschaftliches Engagement, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Gesellschaft, Nachhaltigkeit und Politik für Junge durchwegs etwas weniger Bedeutung haben als für Ältere, erklärt Schwabl neben klassischer Politikverdrossenheit damit, dass unter den Millennials – von 15 bis 25 – eben auch viele sehr Junge seien. Und dass die oft (noch) andere Prioritäten hätten. (beba)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2018)

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