Vor einigen Jahren standen auf den Einkaufslisten der Investoren prinzipiell nur drei Assets: Büro, Handel und Hotel. Es gab zwar einige Ausreißer, aber damit waren die Investmentklassen definiert. Heute sieht das anders aus.
Die Einkaufsliste der internationalen Investoren hat sich in den vergangenen Jahren verlängert. „Noch vor ein, zwei Jahren waren Produkte wie studentisches Wohnen, Seniorenwohnen oder Logistikimmobilien mit Fokus auf die ,Letzte Meile‘ im Versandhandel eher ungewöhnliche Assetklassen“, meint Franz Pöltl, Geschäftsführender Gesellschafter von EHL Investment. „Auch Investments in Gesundheitsimmobilien sind international ein wachsender Bestandteil der Portfoliostrategie vieler institutioneller und privater Investoren.“ Die Immobilien abseits von Büro, Handel und Hotel haben sich sehr schnell etabliert und sind von „exotischen“ Einsprengseln zu selbstverständlichen Bestandteilen professionell gemanagter Portfolios geworden.
Die österreichischen Investoren scheinen sich aber mit den neuen Möglichkeiten noch nicht ganz angefreundet zu haben. Die heimischen Investoren sind zurückhaltend, was diese Investmentklassen betrifft. So hat CBRE festgestellt, dass rund 95 Prozent der Investoren in heimische Studentenwohnheime und Mikroapartments aus dem Ausland kommen. Und das, obwohl großes Interesse an den Immobilien herrscht, „denn in keinem anderen Segment gibt es einen so hohen Anteil an Forward Deals“, erklärt Georg Fichtinger, Head of Investment Properties bei CBRE Österreich.
Die heimischen Investoren sollten sich schnell an die neuen Möglichkeiten gewöhnen, denn mittlerweile kommen weitere Exponate dazu. Die neuen Assetklassen decken punktgenau einen stark wachsenden Bedarf ab. „Das sind keine Erscheinungen, sondern sie werden nachhaltig einen Platz im Investmentuniversum professioneller Immobilienanleger erobern“, ist Franz Pöltl überzeugt.
Spezialwissen notwendig
Einer der wesentlichen Gründe dafür ist natürlich, dass hier „noch höhere Renditen zu erzielen sind als in den klassischen Segmenten“, sieht Anton Bondi, Geschäftsführer von Bondi Consult, den finanziellen Aspekt. Zumal in den klassischen Segmenten wie zum Beispiel Büro langsam die Projekte ausgehen. Die Herausforderung bei den neuen Objekten ist allerdings, so Anton Bondi, „dass für die Bewirtschaftung und insbesondere die Nachnutzung ein Spezial-Know-how erforderlich ist“. Das mag vielleicht nicht unbedingt für studentisches Wohnen gelten, aber es tauchen einige Gewerbeobjekte auf dem Radar auf, die ganz andere Kenntnisse voraussetzen als das klassische Facility-Management zum Betrieb einer Immobilie. Bondi selbst überlegt, in einem seiner Projekte auf den Siemensgründen zum Beispiel ein Rechenzentrum zu installieren. Dafür hat er sich eine Firma ins Boot geholt, die diese professionell errichtet und betreibt: „Bei diesen Projekten ist für die Errichtung und Bewirtschaftung ein Spezial-Know-how erforderlich.“
Rechenzentren
Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass in den kommenden Jahren verstärkt Unternehmen auftauchen werden, die sich mit Spezialimmobilien beschäftigen. Die Nachfrage von Investoren wäre international für diese „Exoten“ definitiv schon gegeben. Rechenzentren entwickeln sich außerhalb von Österreich bereits vom Spezialprodukt zu einer Assetklasse. „Der Großteil der Käufer von Rechenzentren sind spezialisierte Real-Estate-Investment-Trusts wie insbesondere die US-amerikanischen Equinix und Digital Realty sowie die asiatische Keppel DC“, erklärt Marcus Lemli, CEO Germany und Head of Investment Europe bei Savills. Es ist zu erwarten, dass sich die Assetklasse auch bei nicht spezialisierten Anlegern in den kommenden Jahren etablieren wird. Bei Savills geht man davon aus, dass neben den riesigen Rechenzentren in nordischen Staaten der Bedarf an kleineren, dezentralen Rechenzentren vor allem in Deutschland und Kontinentaleuropa zunimmt. Bondi: „Besonderes Augenmerk ist auf die Nachnutzbarkeit der Immobilien zu legen, da gerade in diesen Bereichen die Entwicklungen und Nutzungen sich sehr rasch erneuern oder verändern.“
Im englischsprachigen Ausland stößt bereits eine weitere Form der Immobilie auf das Interesse der Investoren. „Es sind Innovationszentren, die das Zeug zur neuen Assetklasse haben“, sagt Thomas Beyerle, Chefreseracher von Catella. Bei diesen Immobilien handelt es sich um die Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, zwischen etablierten Unternehmen und Start-ups. Das Ganze garniert mit parkähnlichen Anlagen. Beyerle: „Immer mehr Investoren interessieren sich für Innovationszentren. Damit könnte sich in Deutschland eine Assetklasse, dem amerikanischen und angelsächsischen Modell folgend, etablieren.“
AUF EINEN BLICK
Aus Nischenprodukten werden neue Trends, die Anlagemöglichkeiten vielfältiger: neben studentischem Wohnen (und Kurzzeitappartements), Seniorenwohnen oder Logistikimmobilien werden auch Gesundheitsimmobilien in Österreich zunehmend gefragt.Rechenzentren und Innovationszentren sind derzeit noch eher internationale Trends – die sich gerade im deutschen beziehungsweise angloamerikanischen Markt etablieren.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2018)