Der aus der Politik scheidende Ex-Neos-Chef appellierte für einen netteren Umgang unter Politik-Kollegen - und lud zu einer Party im Wiener "Flex", in dem seine Reden als Remixes gespielt werden: "Das ist wie Woodstock." Mit Video.
Neos-Gründer Matthias Strolz hat sich am Mittwoch nach rund fünf Jahren vom Nationalrat verabschiedet und noch einmal Good Vibes zu verströmen versucht - in flötenden Tönen: "Nie ist die Liebe so groß wie im Abschied", sagte er in Richtung des Auditoriums und fügte an: "In jedem von uns steckt etwas Liebenswürdiges." (Die Rede finden Sie unten als Video.)
Mitte Oktober wird es auch noch einmal einen großen, allerdings außerparlamentarischen Strolz-Auftritt geben und zwar bei der Präsentation einer CD und LP seiner geremixten Reden im Wiener Szene-Lokal "Flex": "Das ist wie Woodstock: Don't miss it", scherzte Strolz.
Als Wunsch für die parlamentarische Zukunft formulierte der abgehende Neos-Mandatar, im Hohen Haus wie in Spitälern einen "Ort der Besinnung" zu schaffen. Wo, wenn nicht in der "größten Sinnfabrik der Republik" sei solch ein Platz angemessen.
"Nie ist die Liebe so groß wie im Abschied." Nach seiner Rücktrittsankündigung im Mai 2018 zog sich Matthias Strolz sukzessive aus seinen politischen Funktionen zurück: Zunächst übergab er den Neos-Parteivorsitz an Beate Meinl-Reisinger, dann den Klubvorsitz - und schließlich sein Mandat im Nationalrat. Am 26. September 2018 hielt er seine letzte Rede im Hohen Haus und appellierte an die Liebenswürdigkeit des Einzelnen. Und zeichnete das Ende der Zweiten Republik vor - so man deren dominantes Muster im "rot-schwarzen Machtkartell" gesehen habe. APA/HERBERT PFARRHOFER
"Wenn wir pinkeln müssen, gehen wir aufs Klo und machen das nicht am Bein unserer Mitbewerber." Matthias Strolz im November 2012 Die Presse
"Wenn wir ins Parlament kommen, gibt es sowieso ein Erdbeben." Strolz als Spitzenkandidat, im Mai 2013 APA/HERBERT P. OCZERET
"'Neoliberal‘ würde nicht zu uns passen. Landläufig heißt das ja: ein ignorantes Leistungsschwein." Strolz im August 2013, Wahlkampf APA/GEORG HOCHMUTH
"Wir sind das Zapferl gegen Stillstand." Immer noch Wahlkampf, September 2013 Die Presse
"Meine Droge ist die Energie." Strolz nach dem Einzug ins Parlament, September 2013 Die Presse
"Wir sind keine ignoranten neoliberalen Säcke." Strolz im Oktober 2013 APA/HANS PUNZ
"Wir sagen, wir lieben Europa und eine Liebeserklärung ist immer was Heftiges." Strolz im Jänner 2014 Die Presse
"Wenn meine Kinder in Pension gehen, soll es keine Nationalstaaten mehr geben" Grenzenlos im April 2014 APA/EXPA/ MICHAEL GRUBER
"Mannoman, wenn der Wahlkampf vorbei ist, geh ich einen echt fetten Baum umarmen." Europawahlkampf, Mai 2014 APA/HANS KLAUS TECHT
"Mit Bono von U2 hätt' ich ein Frühstück geplant. Er weiß noch nichts davon." Juli 2014 Die Presse
"Ich halte das Machtgehabe dieser Gockel überhaupt nicht mehr aus." Strolz hält nichts von den damaligen Landeshauptleuten Pröll und Häupl, im Oktober 2014 Die Presse
"Ich habe inhaliert." Strolz im Herbst 2014 über seine Drogenerfahrungen ("viele Jahre her"). Die Presse
"Wir alle oder die meisten von uns kennen dieses Gefühl, wenn du am Gehsteig gehst und es kommt dir ein Bärtiger entgegen in diesen Tagen, da gibt es ein kurzes Zucken." Strolz unter dem Eindruck der Attentate von Paris im Jänner 2015. Die Presse
"Der Michael Häupl ist ein Berlusconi auf grantig." Auch im März 2015 noch wenig überzeugt vom Wiener Bürgermeister. APA/HERBERT PFARRHOFER
"Der Niki Lauda hat auch den einen oder anderen Unfall gehabt." Ein Zwischentief im Frühsommer 2015 Die Presse
"Mitterlehner ist Django nudo, der vom Sattel fällt, wenn Erwin Pröll einmal hustet." Strolz im Sommer 2015 APA/HERBERT NEUBAUER
"Damit schaut Kern politisch nach drei Wochen so alt aus, wie ich nie werden will." Strolz im Frühsommer 2016 über den - damals - politischen Jüngling und Kanzler Kern APA/HANS PUNZ
"So, wie man Betrunkene kein Auto lenken lassen soll, darf man diese Machtbesoffenen auch kein Land lenken lassen." Strolz im Juni 2016, immer noch empört über die Ränkeschmiede rund um den Rechnungshof. Die Presse
"Umfragen, das ist irgendwie so wie Parfüm: Man soll daran riechen, es aber nicht trinken." Strolz im Wahlkampf 2017. APA/HELMUT FOHRINGER
"Die Leute sagen mir auch, Sebastian Kurz hat viele Talente, aber irgendwo stimmt was mit ihm nicht." Strolz misstrauisch, immer noch Wahlkampf 2017 APA/ROLAND SCHLAGER
"Kapitulation bedeutet in diesem Fall mittelfristig Bürgerkrieg. Das ist für mich keine zulässige Option." Während der Islamwissenschaftler Bassam Tibi seine Vision des "Euro-Islam" nach 25 Jahren begräbt, will Strolz nicht aufgeben: Er will als "freier Bürger" für "einen Islam europäischer Prägung" eintreten. APA/GEORG HOCHMUTH
"Frau Gesundheitsministerin, was ist mit Ihnen?" Strolz in der Debatte über das Rauchverbot APA/HANS PUNZ
"Ich folge dem Ruf meines Herzens." Strolz bei seiner Rücktrittserklärung am Montag. >> Alles zum Strolz-Rücktritt finden Sie hier REUTERS
Strolz in Zitaten: "Meine Droge ist die Energie"
Insgesamt warb Strolz dafür, netter miteinander umzugehen. Die Politik sei eine verrückte Branche, in der Häme und gegenseitige Geringschätzung Alltag seien: "Das tut uns nicht gut." Man müsse an dem Punkt Idealismus ankern, den jeder in sich trage.
Strolz: Zweite Republik geht zu Ende
Seine Analyse des Ist-Stands: Österreich befinde sich in einem groben Umbruch. Die Zweite Republik sei zu ihrem Ende gekommen, wenn man als deren dominantes Muster das "rot-schwarze Machtkartell" gesehen habe: "Das Alte ist tot, das Neue ist noch nicht ganz da." Das bedinge, dass Österreich neu erfunden werden müsse.
Zum Abschluss seines Vortrags erhielt Strolz stehende Ovationen von allen Fraktionen - außer der FPÖ, deren Abgeordnete aber immerhin auch Beifall spendeten.