„Das Geld kommt nicht aus dem Bankomaten“

Christoph Boschan, der Chef der Wiener Börse.
Christoph Boschan, der Chef der Wiener Börse. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Börsen-Chef Boschan plädiert für mehr Finanzbildung und spricht sich für steuerliche Vorteile bei Aktien aus.

Wien. Bildung ist der Schlüssel zum Erfolg. Der Satz klingt zwar platt. Doch nur wer über ein halbwegs solides Wirtschaftswissen verfügt, greift auch zu Anlageprodukten, die eine höhere Rendite ermöglichen. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Market-Instituts im Auftrag der Wiener Börse hervor.

„Das Geld kommt eben nicht aus dem Bankomaten und der Strom auch nicht aus der Steckdose“, sagt Christoph Boschan, der Chef der Wiener Börse. Genau das müsse man den Kindern bereits in der Schule vermitteln. Neben der Angst, ein zu hohes Risiko einzugehen, wird auch die fehlende Finanzbildung von der Mehrheit der Befragten als Hemmnis für den Kauf kapitalmarktorientierter Finanzprodukte betrachtet. Die Österreicher lassen damit aber die Chance, ihre Ersparnisse aufzufetten, links liegen. Die Aktienquote (bei direkten Investments) liegt hierzulande bei mageren fünf Prozent. „Die Mehrheit der Gesellschaft steht einfach neben der Entwicklung“, so Boschan. Was er damit meint: „Man sollte eben nicht nur ein iPad, sondern gleich Apple-Aktien besitzen.“

Steuerliche Hürden beseitigen

Um Aktieninvestments attraktiver zu machen, gilt es jedoch nicht nur, an der Stellschraube Bildung zu drehen, sagt Boschan. Das Ergebnis der Befragung zeigt auch: Man müsste den Österreichern auch steuerliche Anreize bieten.

Seit dem Jahr 2016 werden Aktieninvestments mit einer Kapitalertragsteuer von 27,5 Prozent belegt, zuvor waren es 25 Prozent. Boschan plädiert dafür, das Niveau zumindest wieder auf den früheren Wert abzusenken. Er setzt dabei auf die von der Regierung für das Jahr 2020 angekündigte Steuerreform. „Ich erwarte mir hier eine Förderung der Individualanlage.“

Auch die Einführung eines KESt-Steuerfreibetrages, in Abhängigkeit vom Einkommen, kann sich der Chef der Börse vorstellen. Aus seiner Sicht wäre es jedoch auch sinnvoll, die sogenannte Spekulationsfrist wieder einzuführen. Diese sah eine bestimmte Behaltedauer für Aktien vor, danach konnte man Wertpapiere steuerfrei verkaufen. Koppeln würde er das mit einem unbegrenzten Verlustvortrag. Derzeit kann man Aktienkursgewinne nur innerhalb eines Jahres mit angefallenen Verlusten gegenrechnen.

Gäbe es steuerliche Vorteile, könnte sich zudem ein Großteil der Befragten vorstellen, in heimische Titel zu investieren – unabhängig vom Bildungsstand. Auch der eigene Arbeitgeber käme für die Mehrheit als Investmentmöglichkeit infrage.

Boschan bezeichnet die Börse im Allgemeinen als „Wohlstandsverteilungsmaschine“. Auch deshalb sei es so wichtig, dass sich die Regierung des Kapitalmarkts bewusst werde. Als kleines Land sei man auf ein funktionierendes System angewiesen.

Ein erster Schritt wurde kürzlich getan. Eine Änderung im Aktiengesetz, das jüngst den Finanzausschuss passierte, erleichtert Klein- und Mittelbetrieben künftig den Zugang zur Börse. Ab 21. Jänner 2019 wird der Dritte Markt neu an den Start gehen. (nst)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.