Reaktionen auf die Sozialgeldreform: "Variante von Hartz IV"

Symbolbild: Sozialgeld-Antragssteller
Symbolbild: Sozialgeld-Antragssteller (c) Clemens Fabry, Presse
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Neos, ÖGB und Hilfsorganisationen stoßen sich am türkis-blauen Mindestsicherungskonzept. Lob kommt von Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker.

Lob für das Mindestsicherungskonzept der türkis-blauen Bundesregierung gibt es vom Rechnungshof, Kritik kommt Neos, ÖGB und Hilfsorganisationen. "Wenn die Bundesregierung jetzt die Mindestsicherung österreichweit regelt, ist das ein Schritt, den ich begrüße", erklärte Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker am Mittwoch.

Über die inhaltliche Ausgestaltung werde es sicher noch Diskussionen geben. "Aber der Rechnungshof und ich haben schon vor einiger Zeit empfohlen, dass es gerechter und transparenter ist, wenn es ein österreichweites Gesetz gibt, dass die Grundsätze der Mindestsicherung regelt und die Bundesländer die Ausführung festlegen. Es freut mich, wenn die Bundesregierung jetzt dieses Reformprojekt in Richtung Harmonisierung auf den Weg bringt", meinte Kraker.

Neos: "Großen Baustellen werden nicht angegangen"

Für diese Nicht-Reform hätte man keine sieben Monate gebraucht, meinte indes Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker. "Wir bekommen das erzählt, was bereits im Mai mit viel Getöse präsentiert wurde." Die Regierung schaffe es wohl nicht, faktenbasierte, faire und vor allem chancenorientierte Sozialpolitik zu machen. "Die großen Baustellen werden nicht angegangen. Auch in Zukunft wird die Mindestsicherung von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ausgestaltet sein. Die Wartefrist für EU-Bürgerinnen und Bürger ist dazu auch höchst fragwürdig", so Loacker.

Kritisch sehen die Neos den mangelnden Fokus auf Erwerbsanreize: "Die Mindestsicherung sollte ein Sprungbrett zurück in die Arbeitswelt und in ein selbstständiges Leben sein." Die Neos vermissen zudem die Zusammenführung von Mindestsicherung und Notstandshilfe, die der Rechnungshof seit Jahren fordert und die die Neos in Form eines "Bürgergeldes" im Programm haben.

Der ÖGB warf der Regierung vor, mit dem Thema Stimmung gegen Geflüchtete machen zu wollen. Zugleich befürchtet man, dass schon bald die Notstandshilfe gestrichen wird und Notstandshilfebezieher - Vermögenszugriff inklusive - in die Mindestsicherung gezwungen werden. "Dann haben wir die österreichische Variante von Hartz IV", so der Leitende ÖGB-Sekretär Bernhard Achatz.

Volkshilfe befürchtet eine "Abwärtsspirale"

Karitative Organisationen kritisierten die Regierungspläne am Mittwoch ebenfalls. Die geplanten Änderungen würden vor allem Familien und Kinder treffen, so der Vorwurf von Caritas und Volkshilfe. "Niemand kann sich Kinderarmut oder eine Vergrößerung der sozialen Ungleichheit wünschen", hieß es seitens der Caritas. Bei der Volkshilfe befürchtet man eine "Abwärtsspirale", die armen Kinder von heute würden zu den "arbeitslosen, armen, obdachlosen Erwachsenen von morgen", erklärte Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger.

Die neue Mindestsicherung verfehle das Ziel der Armutsvermeidung, monierte auch die Plattform für Alleinerziehende. "Gerade eine Abstufung nach der Kinderanzahl hat für Alleinerziehende mit drei kleineren Kindern massive Auswirkungen. Hier werden die Kürzungen deutlich spürbar", erklärte die stellvertretende Plattform-Vorsitzende Evelyn Martin.

Das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR zeigte sich anlässlich des präsentierten Entwurfs besorgt über die angedachten Einschnitte für anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte. "Durch die geplanten Einschränkungen drohen Geflüchtete weit unter die Armutsgrenze abzurutschen. Das ist eine denkbar schlechte Voraussetzung für ihre Integration", UNHCR Österreich-Leiter Christoph Pinter.

(APA)

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