Das Innenministerium will einen Geheimdienst installieren, der ohne konkreten Tatverdacht Informationen sammeln darf. Die Kontrolle könnte von einer rechtlichen zu einer politischen werden.
Wien. Im Innenministerium gehen die Umbauarbeiten weiter. In der ersten Phase bereitete eine Projektgruppe den Umbau des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) vor. Nun will man sich in der nächsten Phase weitreichende Kompetenzen zur „Informationsbeschaffung im präventiven Staatsschutz“ holen. Inklusive Änderungen des Staatsschutzgesetzes und Lockerungen der Auflagen.
Das geht aus einem Projektauftrag hervor, der der Neos-Abgeordneten Stephanie Krisper zugespielt wurde und der der „Presse“ vorliegt. Ziel des Projekts: „Die Erkenntnisse bilden eine wesentliche Voraussetzung zur Beurteilung von Gefahren, Phänomenen und Trends“, heißt es in dem Papier. Das könne die Sicherheit erhöhen. Um das zu erreichen, müsse aber die „Informationsbeschaffung innerhalb des BVT“ weiterentwickelt werden. Zu diesem Zweck soll im BVT eine neue abgeschottete Abteilung eingerichtet werden, die von den kriminalpolizeilichen Ermittlungen streng getrennt werden soll. Also ein Nachrichtendienst im Geheimdienst quasi.
Informationen ohne Genehmigung?
Diese neue Abteilung soll künftig auch ohne eindeutige Verdachtslage sogenannte Vorfeldaufklärung durchführen können. Das heißt: Zu Gruppen oder Personen sollen Informationen gesammelt werden können, ohne dass eine Anzeige vorliegt. Das ist bisher kaum möglich. Sind in speziellen Fällen geheime Ermittlungsmaßnahmen erwünscht, muss das begründet und vom Rechtsschutzbeauftragten abgesegnet werden, der auch Kontrollen durchführt. Diese Funktion bekleidet derzeit Manfred Burgstaller – ein ausgewiesener Fachexperte mit tadellosem Ruf. Er wurde als unabhängiger Jurist vom Bundespräsidenten bis 2019 bestellt.
Sowohl Anzeigepflicht als auch Rechtsschutzbeauftragter könnten bald der Vergangenheit angehören. Zur Umsetzung der genannten Ziele werden im Projektpapier mehrere Varianten angeführt. Man wünscht sich etwa die „Verzögerung der Anzeigepflicht als wichtige legistische Änderung“. Es heißt, der Rechtsschutzbeauftragte könnte durch parlamentarische Kontrolle ersetzt werden – das wäre eine Verlagerung von einer rechtlichen zu einer politischen Kontrolle.