Australian Open: Die hohe Kunst der richtigen Schläge

Alexander Zverev ließ seinem Frust freien Lauf, seine Misserfolgsserie bei Grand-Slam-Turnieren aber hält an
Alexander Zverev ließ seinem Frust freien Lauf, seine Misserfolgsserie bei Grand-Slam-Turnieren aber hält an(c) REUTERS (KIM KYUNG-HOON)
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Alexander Zverev erregte beim Achtelfinal-Aus mehr Aufsehen mit der Handfertigkeit, sein Racket zu zerstören, denn mit seinem Spiel. Serena Williams ist weiter im Vormarsch.

Melbourne. Wenigstens mit seinem Wutausbruch im Achtelfinale der Australian Open setzte Alexander Zverev den Höhepunkt dieses (noch kurzen) Sportjahres. Neunmal drosch der Deutsche seinen Tennisschläger zornig auf den Boden vor seiner Bank. Das Racket sah danach so verbogen aus wie sein Spiel zuvor, Zverev war gegen den Kanadier Milos Raonic heillos verloren gewesen. „Die ersten zwei Sätze habe ich überhaupt keine Ahnung gehabt, wie man einen Tennisball ins Feld spielt“, hielt der Gewinner der ATP-Finals in London fest. 1:6, 1:6, 6:7 (5:7) – das sage doch alles. Was aber sein strenger Coach, Ivan Lendl, dazu sagt? Zerstörtes Equipment bereitet ihm keine Freude.

Natürlich, es gibt auch im Tennis „solche Tage“, an denen nichts zusammenpasst. Dass Zverev, 21, aber schon in Wimbledon gegen Raonic auf verlorenem Posten gestanden ist, darf nicht übersehen werden. Zudem, bei Majors scheint sich beim Hamburger ein gewisses Drama fortzusetzen. Irgendwann verlassen ihn Konzentration und Willen. Je länger ein Turnier dauert, desto höher ist die Chance, dass er Spiel, Nerven und Schläger wegwirft.

„Nicht das Ende der Welt“

Der in Monte Carlos lebende Tennisspieler wollte „nur noch heim“, zwei Tage im Bett liegen, allerdings keine Depressionen ausbrüten. Dass wieder einmal vorzeitig Schluss in einem Grand-Slam-Turnier war, wollte er nicht weiter beurteilen. Dass die Vorbereitung kurz war, ist bekannt. Dass er die gesamte Woche grobe Probleme mit seinem zweiten Aufschlag gehabt hat, ist Lendl nicht entgangen.

Zverev muss damit weiter auf sein zweites Major-Viertelfinale nach den French Open 2018 (Niederlage gegen Dominic Thiem) warten. „Im Moment bin ich nicht happy, aber ich bin auch nicht deprimiert. Es ist ein Tennismatch, und ich habe gelernt, dass verlorene Tennismatches nicht das Ende der Welt bedeuten.“

Die Stimmung seines Gegners war naturgemäß fröhlicher. Der ehemalige Weltranglistendritte wähnt sich der früheren Bestform nahe. Raonic, 28, sagt: „Ich habe unglaublich gespielt, habe viele Dinge sehr gut gemacht. Ich wollte ihn aus dem Gleichgewicht bringen.“ Raonic, der nach 1:59 Stunden den vierten Matchball verwertete, erreichte zum zweiten Mal das Melbourne-Viertelfinale und trifft auf den 24-jährigen Franzosen Lucas Pouille. Der Wien-Sieger von 2017 schaffte es erstmals unter die Top acht von Melbourne.

Zverev, dem man nach seinem London-Triumph im November noch am ehesten zugetraut hätte, die Big Three Novak Djoković, Rafael Nadal und Roger Federer zu stürzen, ist wieder gescheitert. Nun sind es bei einem Grand Slam wieder andere, junge Spieler wie Stefanos Tsitsipas, 20, die mit Siegen über Veteranen für Aufsehen sorgen. Oder der 21-jährige Frances Tiafoe. Oder auch Pouille?

Serena wieder im Vormarsch

Serena Williams gewann den Schlager bei den mit 39,14 Mio. Euro dotierten Australian Open gegen Simona Halep. Die ehemalige Nummer eins der Welt rang die aktuelle Nummer eins nach 1:46 Stunden mit 6:1, 4:6, 6:4 nieder. Damit ist nach der Vorjahressiegerin Caroline Wozniacki (DEN) auch die Finalistin vorzeitig ausgeschieden.

Im Viertelfinale trifft die Amerikanerin, 37, auf Karolína Plíšková (CZE-7). Für Williams geht es in Melbourne um ihren 24. Major-Titel, damit würde sie den Allzeitrekord von Margaret Court (AUS) einstellen. „Ich liebe dieses Spiel und freue mich, auf diesem Court zu spielen. Ich gebe nie auf.“ (fin)


Damen, Achtelfinale: Ōsaka (JPN-4) – Sevastova (LAT-13) 4:6, 6:3, 6:4, Switolina (UKR-6) – Keys (USA-17) 6:2, 1:6, 6:1, Plíšková (CZE-7) – Muguruza (ESP-18) 6:3, 6:1, S. Williams (USA-16) – Halep (ROU-1) 6:1, 4:6, 6:4.

Herren, Achtelfinale: Djoković (SRB-1) – Medwedew (RUS-15) 6:4, 6:7 (5), 6:2, 6:3, Zverev (GER-4) – Raonic (CDN-16) 1:6, 1:6, 6:7, Nishikori (JPN-8) – Busta (ESP-23) 6:7 (8), 4:6, 7:6 (4), 6:4, 7:6 (10/8), Pouille (FRA-28) – Ćorić(CRO-11) 6:7 (4), 6:4, 7:5, 7:6 (2).

Viertelfinal-Tableau: Djoković (1) – Nishikori (8), Raonic (16) – Pouille (28); Bautista Agut (22) – Tsitsipas (14), Tiafoe – Nadal (2).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2019)

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