Boeing-Crash: TUI rechnet mit Gewinneinbruch

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Symbolbild. (c) APA/AFP/MARK RALSTON (MARK RALSTON)
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Der Tourismuskonzern muss kostspieligen Ersatz für die gesperrten Boeing-Mittelstreckenjets 737 Max finden.

Hannover. Die Flugverbote für Boeings Mittelstreckenjet 737 Max durchkreuzen die Gewinnpläne des weltgrößten Reisekonzerns TUI. Weil das deutsche Unternehmen Ersatzflugzeuge mieten muss, rechnet TUI-Chef Fritz Joussen für das laufende Geschäftsjahr bis Ende September mit deutlichen Einbußen. Am Ende könnte der operative Gewinn um mehr als ein Viertel einbrechen.

Anleger an der Börse nahmen den Gewinneinbruch vorweg. Der Kurs der TUI-Aktie knickte zum Handelsstart am Freitag in London um mehr als zehn Prozent ein. Seit Jahresbeginn hat die Aktie mehr als ein Drittel an Wert verloren.

TUI hat 15 Maschinen von Boeings 737-Max-Reihe in der Flotte. Bis Ende Mai wollte der Konzern acht weitere Maschinen der Reihe in seine Flotte aufnehmen – auch bei seiner deutschen Tochter TUIfly, die bisher noch keinen Flieger des Typs besitzt.

Nach zwei Abstürzen von Flugzeugen bei den Fluggesellschaften Lion Air und Ethiopian mit 346 Toten haben Luftfahrtbehörden weltweit Flugverbote für die Maschinen der Reihe verhängt. Auch die Auslieferung neuer Maschinen ist gestoppt.

Weil ein Ende der Flugverbote nicht absehbar ist, hat die TUI-Führung zwei Szenarien durchgerechnet. Sollten die Maschinen bis Mitte Juli wieder fliegen dürfen, werde dies den operativen Gewinn (bereinigtes Ebita) voraussichtlich mit rund 200 Mio. Euro belasten. Sollten die Flugverbote länger gelten, kämen weitere 100 Mio. Euro an Kosten hinzu.

Mehr Kosten für Kerosin

TUI erklärte dies mit der Verlängerung bestehender Leasingverträge, Kosten für die Miete weiterer Ersatzmaschinen und Kosten für die Umorganisation. Zudem muss TUI mehr Geld für Treibstoff ausgeben als gedacht: Boeings 737-Max-Jets verbrauchen deutlich weniger Kerosin als ältere Flugzeuge.

Die Mehrkosten haben Auswirkungen auf den operativen Gewinn des Konzerns. Im günstigeren Fall dürfte das Ergebnis von zuletzt knapp 1,2 Mrd. Euro um 17 Prozent im laufenden Geschäftsjahr sinken, rechnete TUI vor. Sollten die Flugverbote länger dauern, werde der operative Gewinn sogar um bis zu 26 Prozent einbrechen.

TUI-Chef Joussen hatte seine Gewinnprognose bereits Anfang Februar gekappt. Wegen des anhaltenden Trends zu Last-Minute-Buchungen und den Auswirkungen des Brexit auf die Buchungen aus Großbritannien sollte der operative Gewinn seither nur noch stagnieren. Ursprünglich hatte der Vorstand eine Steigerung um zehn Prozent vor Währungseffekten in Aussicht gestellt.

Inzwischen hat Boeing ein dringend erwartetes Update seiner nach den beiden Flugzeugabstürzen in die Kritik geratenen Steuerungssoftware MCAS vorgestellt. Nach den tödlichen Unglücken bleiben die Kritik und der Aufklärungsbedarf groß. Neben dem Software-Update, das noch von den Aufsichtsbehörden genehmigt werden muss, will Boeing die Sicherheit der Unglücksflieger der 737-Max-Serie mit weiteren Alarmfunktionen im Cockpit und zusätzlichem Training für Piloten erhöhen. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2019)

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