In Deutschland sollen Mitarbeiter schikaniert werden. Der Druck auf die Belegschaft, hohe Umsätze zu bringen, sei enorm. Solche Vorwürfe sind für den Konzern nicht neu.
WIEN (cim). Der Name ist Programm: Seit gut zehn Jahren stehen drei X vor dem Namen des Möbelkonzerns Lutz, die riesigen roten Sessel vor den Möbelhäusern lassen sogar Testimonial Ottfried Fischer mickrig aussehen. Bei dem rasanten Wachstumskurs der Welser Gruppe sollen aber immer wieder Mitarbeiter und ihre Rechte unter die Räder kommen.
Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet von neuen Vorwürfen gegen XXXLutz in Deutschland: Mitarbeiter würden schikaniert; alte, kranke oder behinderte Menschen hätten es besonders schwer, heißt es. Außerdem berichtet die Zeitung von einer „Vielzahl“ von Abmahnungen oder Kündigungen mit fadenscheinigen Gründen wie einer Plauderei unter Kollegen. Der Druck auf die Belegschaft, hohe Umsätze zu bringen, sei enorm.
Solche Vorwürfe sind für den Konzern nicht neu: Vor rund einem Jahr sprach der Chef der deutschen Gewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, von einem „menschenverachtenden Umgang mit Mitarbeitern“ bei der bayerischen Lutz-Tochter Hiendl. „Mitarbeiter sollten nur jung, billig und flexibel sein“, so Bsirske. Gesetzliche Arbeitszeiten würden nicht eingehalten, Betriebsräte würden behindert, durch Einschüchterung habe man Mitarbeiter in neue, schlechtere Verträge gedrängt. Damals wies man die Anschuldigungen zurück, gestern wollte man trotz mehrmaliger Anfragen keinen Kommentar abgeben.
Keine Probleme in Österreich
In Österreich sind den zuständigen Gewerkschaften GPA-djp und vida keine Beschwerden in diese Richtung bekannt. Die AK Oberösterreich berichtet von vier bis fünf Beschwerden von Mitarbeitern pro Jahr – das liege aber völlig im Rahmen eines Betriebs dieser Größe.
In Deutschland lautet der Vorwurf oft, XXXLutz würde so aggressiv wachsen, dass die Mitarbeiter auf der Strecke bleiben. In Deutschland ist Lutz seit gut 20 Jahren aktiv, mittlerweile arbeiten mehr als 9300 Menschen für den Möbelhändler. Vor allem im Süden Deutschlands hat der oberösterreichische Konzern viele Familienbetriebe geschluckt. Nun liefert sich Lutz eine massive Preisschlacht mit der Konkurrenz. Davon profitieren die Kunden, auf den Mitarbeitern laste aber massiver Druck, heißt es. Als Lutz etwa 2007 den Konkurrenten Hiendl nach dem Unfalltod des Inhabers übernahm, konnte sich die Gewerkschaft Verdi kaum mehr vor Zulauf retten, heißt es. Zuvor sei es in der Branche relativ ruhig gewesen.
Eigenen Angaben nach ist XXXLutz mittlerweile der zweitgrößte Möbelhändler der Welt – hinter Ikea. Das Ziel ist klar: „Mit Sonne im Herzen zur Nummer eins der Welt!“, heißt es in einer Firmenbroschüre. Mit XXXLutz, Möbelix und Mömax führt die Gruppe laut den Zahlen von RegioPlan in Österreich vor Leiner/Kika und Ikea den Markt an.
Lutz fährt schon seit 1973 einen rasanten Expansionskurs – in den 70er-Jahren haben die Brüder Richard und Andreas Seifert das Steuer des Konzerns übernommen. Seither wurden im Schnitt drei Häuser pro Jahr eröffnet. Derzeit beschäftigt XXXLutz 17.400 Mitarbeiter in Österreich, Deutschland, Tschechien, der Slowakei und Ungarn. Im Herbst ist die Expansion in den Norden geplant: Der erste Standort im schwedischen Malmö, der Heimat des großen Konkurrenten Ikea, soll eröffnet werden.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2010)