Nach dem Abgang von Strache und Gudenus muss Dominik Nepp einspringen. Für die Wiener FPÖ ist der schlagende Burschenschafter nur eine Notlösung.
Wien. Irgendwie wirkt die Szenerie an diesem Dienstag surreal. Da sitzen Veronika Matiasek, Vize-Parteichefin der Wiener FPÖ, und deren frisch designierter Parteichef, Dominik Nepp, gemeinsam lächelnd auf dem Podium vor TV-Kameras, Fotografen und Journalisten. Und loben minutenlang Heinz-Christian Strache – so als hätte er gerade eine Wahl gewonnen.
Strache habe nach der Abspaltung des BZÖ die FPÖ geeint und sie zu jenem Erfolg geführt, den man in Wien erreicht habe, schwärmt Matiasek. Und Nepp ergänzt: Man sei Strache für immer zu Dank verpflichtet, er habe extrem viel für die Wiener Freiheitlichen geleistet.
Die Rede ist von jenem Heinz-Christian Strache, der mit dem Ibiza-Video die türkis-blaue Koalition auf Bundesebene gesprengt und die Freiheitlichen politisch versenkt hat. Das Ibiza-Video sei nicht schönzureden, meinte Nepp nur knapp zur Causa prima.
Wohin führt der freiheitliche Weg in Wien unter Nepp? Die Antwort: auf alte blaue Pfade. Nepp redet bei seinem ersten öffentlichen Auftritt als Wiener FPÖ-Chef umgehend vom Kampf gegen die Islamisierung. Allerdings lässt Nepp mit einigen anderen Aussagen aufhorchen. Der Wiener FPÖ-Chef signalisiert Sympathien für einen Misstrauensantrag zur Abwahl von Kanzler Sebastian Kurz, nachdem die FPÖ-Regierungsriege abdanken musste: Er habe kein großes Vertrauen in diese ÖVP, bei der Vereinbarungen in Wien auf Landes- und Bezirksebene auch nicht halten würden, so Nepp. Nebenbei schloss er illegale Zahlungen an die Wiener FPÖ aus und stärkte seinem Klubchef, Toni Mahdalik, der in der Ibiza-Affäre durch eine Aussendung im Auftrag der vermeintlichen Oligarchin in die Kritik geraten war, den Rücken: Mahdalik werde nicht zurücktreten.
Aufhorchen ließ Nepp auch in einer zweiten Causa: Strache werde (im Gegensatz zu Gudenus) nicht aus der FPÖ austreten – er bleibe einfaches Parteimitglied. „Ich sehe keinen Grund, weshalb Strache aus der Partei austreten sollte“, so Nepp.
Wer ist der Neue?
Die Frage, die sich nun stellt: Wer ist dieser Dominik Nepp? Die Karriere des jetzigen Wiener FPÖ-Chefs begann im Ring Freiheitlicher Jugend, wo er bis zum Bundesobmann aufstieg. Der 37-Jährige gilt als politischer Ziehsohn von Gudenus – er folgte seinem Mentor zuerst als Wiener Klubchef nach, dann auch als (nicht amtsführender) Wiener Vizebürgermeister. Einer breiten Öffentlichkeit ist er unbekannt, standen doch Strache und Gudenus im Fokus der Vermarktung der Partei. Allerdings gab es schon einige Wahlplakate, mit denen Nepp (an der Seite von Strache und Gudenus) politisch langsam aufgebaut werden sollte.
In die Schlagzeilen kam der schlagende Burschenschafter, weil er Mitglied der Universitätssängerschaft „Barden zu Wien“ war, bei der auch Identitäre Mitglied waren. Das sei aber nach seiner Zeit gewesen, hatte Nepp erklärt, der in derselben Burschenschaft ist wie Johann Gudenus. Am Dienstag stand er auch im Fokus von SOS Mitmensch, weil er in der als rechtsextrem geltenden (2018 eingestellten) FPÖ-nahen Zeitschrift „Aula“ Texte verfasst hat und als Nachwuchshoffnung gefeiert wurde (die Texte liegen der „Presse“ vor).
Nepp gilt im Wiener Gemeinderat als recht guter Rhetoriker, der gern poltert und polemisiert. Er schaffte es beim Thema „100 Jahre Frauenwahlrecht“, innerhalb von drei Sätzen beim Thema Islamismus zu landen. Und er wird die Linie von Strache und vor allem Gudenus nahtlos weiterführen. Die Wiener FPÖ hat allerdings ein Problem: Nepp ist nicht nur völlig unbekannt. Er sei eine gute Nummer drei und hätte die Befehle von Gudenus immer gut umgesetzt, ist in der FPÖ zu hören. Von der Strahlkraft eines Strache oder Gudenus sei er allerdings weit entfernt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2019)