Vom Präsidenten des Nationalrats war gestern im ORF Widersprüchliches zu hören: Man müsse Entscheidungen im Parlament akzeptieren, gleichzeitig aber die Wähler vor diesen bewahren.
Das Parlament ist das neue politische Machtzentrum im Land. Mit wechselnden Mehrheiten können nun neue Gesetze beschlossen und alte rückgängig gemacht werden. Das ist jedenfalls spannend. Im freien Spiel der Kräfte dürften Themen wie das Plastiksackerl, das Rauchverbot, Ziffernnoten oder auch der Karfreitag nochmal in Bewegung geraten.
Dass das Parlament mit zunehmender Macht Kritik evoziert, ist nur logisch. Was Kritik und was Populismus ist, steht freilich auf einem anderen Blatt. So sorgte Sebastian Kurz kürzlich mit einem Slogan für Aufregung, den man als durchaus parlamentskritisch sehen kann (oder muss?): "Das Parlament hat bestimmt, das Volk wird entscheiden“. Ein Spruch, der einigen bitter aufstieß. Dem Parlamentspräsidenten aber nicht.
Zumindest kam keine noch so leise Kritik von ÖVP-Politiker Wolfgang Sobotka, als er in der gestrigen "ZiB 2" gefragt wurde. Dass Kurz nach seiner Abwahl als Kanzler sein Nationalratsmandat nicht annahm und dies mit "der Tonalität und der Art, wie im Parlament miteinander umgegangen wird" begründete, sah Armin Wolf als offene Geringschätzung. Sobotka meinte, dass alle in der ÖVP die parlamentarische Demokratie schätzen würden.
"Ich glaube, dass die Parteien einer Logik folgen"
Eine Nicht-Antwort von Sobotka - in der (bauernschlauen) Art: Es ist so, wie es ist. Das muss man akzeptieren. Außer man findet noch einen Seitenausgang. So sagte er etwa über Kurz, der nun nicht im Nationalrat ist: "Es ist so eine Entscheidung zu akzeptieren, die allein beim Mandatar liegt". Oder zu den neuen Volksanwälten, ausschließlich Männern: "Ich denke, dass wir gut beraten sind, die Entscheidungen der Parteien auch zu akzeptieren. Die müssen sie auch verantworten".
Auf der anderen Seite muss man die Wähler aber offenbar vor den Entscheidungen der Parteien bewahren. Weshalb Sobotka für eine Sperre bei Beschlüssen ist, die budgetär die nächste Generation belasten. Stichwort Wahlzuckerl. Natürlich gibt es aber auch hier eine Ausnahme: Die Erhöhung der Mindestpensionen. Das sei ja auch ein wichtiger Beschluss.
Die Logik dahinter konnte Sobotka nur schwer darstellen. Doch ist die Folgerichtigkeit in der Politik insgesamt nur bedingt Kriterium, wie der Nationalratspräsident lächelnd erklärte: "Ich glaube, dass die Parteien einer Logik folgen. Aber man wird sehen, was dann der parlamentarische Alltag wirklich bringt". Nun ja. Bis zur Wahl sind es 110 Tage.