Bangkok: "13.000 Menschen weiter gewaltbereit"

Bangkok 13000 Menschen weiter
Bangkok 13000 Menschen weiter(c) REUTERS (STRINGER/THAILAND)
  • Drucken

Gespannte Ruhe in Bangkok. Die Regierung verlängert die Ausgangssperre. Im Protestviertel hat die Armee noch immer nicht die volle Kontrolle. Die Regierung stellt Neuwahlen in Aussicht.

Einen Tag nach der thailändischen Militäroffensive gegen die oppositionellen Rothemden und der anschließenden Randale durch frustrierte Demonstranten war in Bangkok gespannte Ruhe eingekehrt. Der Qualmgeruch ausgebrannter Ruinen lag noch über der Stadt. Die thailändische Regierung verhängte für die nächsten drei Nächte erneut eine Ausgangssperre. Ein Armeesprecher sagte, rund 13.000 Menschen seien weiter gewaltbereit.

Die Regierung hat der Opposition ein Versöhnungsangebot gemacht. Ministerpräsident Abhisit Vejjajiva halte an seinen Vorschlägen von vergangener Woche fest, berichtete die "Bangkok Post" unter Berufung auf den Leiter seines Büros, Korbsak Sabhavasu. Dazu gehöre unter anderem eine Untersuchung sozialer Ungerechtigkeiten, welche die Rothemden angeprangert hatten. "Das dauert vier Monate. Wenn alles geschafft ist, gibt es Neuwahlen", zitierte ihn die Zeitung.

Armee verfolgt Rothemden

Im Kerngebiet der Demonstranten im Ratchaprasong-Viertel hatte die Armee am Donnerstag nach 24 Stunden noch immer nicht die volle Kontrolle erlangt. Sie verfolgte nach eigener Darstellung versprengte Rothemden, die sich mit dem Ende der Proteste nicht abfinden wollten. Vereinzelt waren noch Schüsse zu hören. Am Siegerdenkmal bedrängten etwa 100 Rothemden Polizisten, die dort Wache schoben, berichtete die "Bangkok Post".

"Sie haben geschossen"

Ein Tempel, in dem Hunderte Rothemden Zuflucht gesucht hatten, nachdem ihre Führung sich ergeben hatte, war am Abend in die Schusslinie geraten. "Sie haben auf uns geschossen", berichtete einer der Flüchtenden, Manat Kaetphet. "Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie sechs Menschen angeschossen wurden."

In dem Pat Whatum-Tempel war auch Mark MacKinnon, Reporter für die kanadische Zeitung "Globe and Mail", gestrandet. Es dauerte Stunden, bis Krankenwagen zum Transport der Verletzten organisiert werden konnte, berichtete er. Angeschossen wurde dort auch ein Reporter des britischen "Independent", Andrew Buncombe.

Dutzende Gebäude abgebrannt

35 Gebäude gingen nach dem Ende der Militäraktion in Flammen auf, darunter das mehrstöckige Central World-Einkaufszentrum. Es brannte völlig aus. An mehreren Stellen in der Metropole loderten immer noch Feuer, die meisten waren jedoch inzwischen gelöscht.

Die Oppositionsbewegung UDD, die die Proteste gegen die Regierung seit Mitte März koordiniert hatte, appellierte an ihre Anhänger, den Widerstand aufzugeben. "Meine Botschaft ist: unser Kampf ist gerecht und geht weiter, wir sollten unserem Ärger nicht durch Randalieren Luft machen", sagte Kokaew Pikulthong, der innerhalb der UDD bisher im Hintergrund agiert hatte, nach Angaben der Zeitung "Nation".

"Das war organisierte Kriminalität"

"Wir verstehen ihren Frust", sagte Regierungssprecher Panitan Wattanyakorn. "Aber die Gewalt von gestern Abend war mehr als Frust. Das war organisierte Kriminalität." Am Donnerstag stellten sich weitere Anführer der UDD der Polizei, darunter Veera Musikapong und Weng Tojirarkan, die die Demonstranten noch bis zum Schluss mit Durchhalteparolen angefeuert hatten.

Auch nach einem Ende der Gewalt dürfte eine Versöhnung schwierig sein. "Wir können zwar sofort die Straßen reparieren", sagte der Gouverneur von Bangkok, Sukhumbhand Paribatra. "Aber wir wissen nicht, wie lange es dauert, die verletzten Herzen der Menschen zu heilen." Experten erklärten, die seit fast 20 Jahren schwersten politischen Unruhen hätten die Spaltung des Landes noch verschärft.

Mit den Toten vom Mittwoch wurden seit Beginn der regierungskritischen Proteste Mitte März insgesamt 82 Menschen getötet, darunter zwei ausländische Journalisten. Rund 1800 Menschen wurden verletzt.

Hintergrund der Thailand-Krise

Die protestierenden Rothemden sind Anhänger des 2006 gestürzten Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra. Sie werden angeführt von der Vereinigten Front für Demokratie gegen Diktatur (UDD), die ihre Anhänger vor allem unter der ärmeren Landbevölkerung hat.

Sie halten die derzeitige Regierung für illegal, da diese nicht gewählt, sondern vom Militär in einem "stillen Staatsstreich" im Dezember 2008 eingesetzt worden sei. Nach der Auflösung der Thaksin-nahen Regierungspartei durch ein Verfassungsgericht bestimmte das Parlament Abhisit Vejjajiva zum Premier.

Als Abhisit einen Wahltermin für den 14. November in Aussicht stellte, schien eine Einigung in Reichweite - die aber scheiterte, weil die Rothemden verlangten, dass Vizepremier Suthep Thaugsuban wegen der Zusammenstöße vom 10. April angeklagt werde.

Mehr: Chronologie des Konflikts seit 2005

(Ag.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Thaksins bdquoUrlaubsgruesseldquo Montenegro
Außenpolitik

Thaksins „Urlaubsgrüße“ aus Montenegro

Thailands Ex-Premier Thaksin Shinawatra besitzt viele Pässe: darunter den seiner Wahlheimat Montenegro. Von seiner Einbürgerung erhoffte sich Montenegros Regierung Investitionen.
Thailand Premier ruft Versoehnung
Außenpolitik

Thailand: Premier ruft im TV zur Versöhnung auf

Zu den von der Opposition geforderten Neuwahlen äußert sich Ministerpräsident Abhisit nicht. Die Proteste haben katastrophale Folgen für die thailändische Wirtschaft.
Bangkok danach Ruhe nach
Außenpolitik

Bangkok am Tag danach: Die Ruhe nach dem Sturm

Maßlose Zerstörung im Zentrum der Metropole. Die Ursachen für den Konflikt sind hoch komplex. Eine große Rolle spielt die Schere zwischen Arm und Reich.
Wiener Thailand Wuerde nicht
Außenpolitik

Wiener in Thailand: "Würde nicht nach Bangkok fahren"

Andreas Valla lebt seit drei Monaten im Norden Thailands. Am Freitag muss der gebürtige Wiener nach Bangkok. Touristen würde er im Moment davon abraten.
Schwere Unruhen

Bangkok in Flammen


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.