Reaktionen

Gemischte Meinungen aus dem Westbalkan zum Handke-Nobelpreis

Kritik am Nobelpreis für Peter Handke kommt aus dem Kosovo und Bosnien-Herzegowina
Kritik am Nobelpreis für Peter Handke kommt aus dem Kosovo und Bosnien-HerzegowinaAPA/AFP/ALAIN JOCARD
  • Drucken

Während in Serbien die Auszeichnung für den "Freund Serbiens" begrüßt wird, gibt es aus dem Kosovo und Bosnien-Herzegowina harsche Kritik in Bezug auf die ihm vorgeworfene Verharmlosung von serbischen Kriegsverbrechen.

Die Verleihung des Literaturnobelpreises an den österreichischen Schriftsteller Peter Handke ist in den Ländern des Westbalkans auf gemischte Meinungen gestoßen. Während in Serbien die Auszeichnung für den "Freund Serbiens" begrüßt wird, gibt es aus dem Kosovo und Bosnien-Herzegowina harsche Kritik in Bezug auf die ihm vorgeworfene Verharmlosung von serbischen Kriegsverbrechen.

Der ehemalige kosovarische Außenminister Petrit Selimi fragte die Nobelpreis-Akademie über Twitter, ob sie auch Handkes Rede, die er beim Begräbnis des serbischen Ex-Präsidenten Slobodan Milosevic hielt, als Teil seines literarischen Opus berücksichtigt habe, als sie beschloss, "diesem Genozid-Leugner" den Nobelpreis zu verleihen. "Skandalös", twitterte unterdessen die kosovarische Botschafterin in den USA, Vlora Citaku, und bezeichnete die Entscheidung als "absurd und schändlich".

Auch der amtierende Außenminister Albaniens, Gent Cakaj, bezeichnete die Auszeichnung als "unwürdig und schändlich". "Als jemand, der leidenschaftlich an die Schönheit und Macht der Literatur zur Bereicherung der menschlichen Erfahrung glaubt, und als Opfer von ethnischer Säuberung und Genozid bin ich empört über die Entscheidung, den Literaturnobelpreis einem Genozid-Leugner zu verleihen", schrieb der aus Kosovo stammende albanische Politiker auf Twitter.

„Bob Dylan unter den Genozid-Leugnern“ 

Den Kritikern, die auf Twitter auf Kontroversen rund um Handke hinwiesen, schloss sich auch der bosnisch-amerikanische Schriftsteller Aleksandar Hemon an. "Peter Handke ist der Bob Dylan unter den Genozid-Leugnern", twitterte Hemon und verlinkte einen Guardian-Artikel aus dem Jahr 1999 über Handkes Positionen zum Bosnien-Krieg. Auf diesen Artikel verwiesen auch bosnische Medien. Die Tageszeitung "Dnevni Avaz" bezeichnete Handke in einem Porträt als "leidenschaftlichen Fan der serbo-tschetnischen Bewegung, der im Rahmen dieser Ideologie öffentlich den Genozid in Srebrenica leugnet".

Auf der anderen Seite gab es in Serbien großes Lob für Handke. Wie der serbische Kulturminister Vladan Vukosavljevic betonte, habe der große Schriftsteller, einer der höchstwertigen deutschsprachigen Autoren in der Geschichte den Höchstpreis verdient. Er hätte den Nobelpreis "schon längst bekommen müssen, doch dann hat die Politik ihre Finger dazwischen gemischt", so der Minister laut Nachrichtenagentur Tanjug. Handke bekam den Preis "relativ spät, aber doch absolut verdient", fügte er hinzu. (APA)

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Peter Handke, Nobelpreisträger 2019
Leitartikel

Hat Peter Handke den Nobelpreis verdient? Ästhetisch auf jeden Fall!

Seit mehr als 50 Jahren schreibt der aus Kärnten stammende Dichter immer wieder Weltliteratur. Das ist wichtiger als die politischen Irrwege, die er ging.
Poet, Provokateur, Publikumsbeschimpfer: Peter Handke.
Dichter & Denker

Peter Handke: Das Sehnen eines ewigen Außenseiters

Der frühere Kultautor des Zeitgeists pflegt seit mehr als fünfzig Jahren die subversive Kraft der Poesie. Ein dunkler Schatten liegt über dem imposanten Werk des Sprachkünstlers.
Olga Tokarczuk (* 1962) zählt zu den wichtigsten polnischen Autorinnen der Gegenwart. Mit dem Roman „Ur und andere Zeiten“ (1996) wurde sie auch im deutschsprachigen Raum bekannt.
Interview

Olga Tokarczuk: „Polen träumen von Märchen und Legenden“

Aus dem Archiv: Die polnische Schriftstellerin Olga Tokarczuk ging in einem Gespräch 2016  mit der nationalkonservativen Regierung ihres Landes hart ins Gericht und kritisiert deren Geschichtsversessenheit.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.