Den Grünen könnte das Rendezvous mit der Realität guttun. Es gilt, Kompromisse zu schließen. Aber auch wieder nicht zu viele.
Wie sollen zwei ideologisch so unterschiedliche Parteien zusammenkommen? SPÖ und ÖVP hielten das in der Großen Koalition in der Regel so: Ich gebe dir was für deine Klientel (die Bauern etc.), du gibst mir was für meine Klientel (die Gewerkschaft etc.). Den Rest der Zeit waren Schwarz und Rot damit beschäftigt, die Projekte des anderen zu verhindern.
Das war die Stärke der bisherigen türkis-blauen Koalition: Egal, wie man zu den Projekten im Einzelnen stand – es gab ein Projekt. Eine Linie, ein Ziel. Der rot-schwarze Stillstand wurde überwunden. Was auch leichter war, da man in vielem ähnlich dachte – von der Steuer- über die Bildungs- bis zur Migrationspolitik.
Was also bei Türkis-Grün keinesfalls herauskommen sollte, ist eine Große Koalition light. Ich geb dir was für deine Klientel (die Bauern etc.), du gibst mir was für meine Klientel (die NGOs etc.)
Noch aber sind wir nicht in der in Routine erstarrten Erschöpfungsphase, sondern beide Parteien, jedenfalls die Führungen von ÖVP und Grünen, sind durchaus freudig bei der Sache und gewillt, das Wagnis einzugehen.
Für viele Grüne könnte diese Regierungsbeteiligung ein Schritt zum Erwachsenwerden sein (wir grüßen von dieser Stelle aus den Ultras-Sektor um Michel Reimon). Ein Rendezvous mit der Realität. Eine Abkehr von bisherigen Gewissheiten. Nicht mehr das eigene Ego, die eigene Ideologie steht im Vordergrund, sondern das Staatsganze.