Die SPÖ werde mittlerweile als „Rentnerpartei“ wahrgenommen, sagt die Demokratieexpertin Tamara Ehs.
Für die Demokratieexpertin Tamara Ehs repräsentiert eine mögliche Koalition aus ÖVP und Grünen am ehesten das Wahlverhalten junger Wähler. "Jeweils 27 Prozent der Wähler unter 30 haben bei der Nationalratswahl die ÖVP und die Grünen gewählt", sagte sie während ihres Vortrags bei der Konferenz der Internationalen Politikberatervereinigung (IAPC) am Sonntag in Krems.
Die Expertin der Donauuniversität Krems bezog sich dabei auf eine vom ORF in Auftrag gegebene Studie des SORA-Instituts. "Junge wählen traditionell eher links", erläuterte sie das gute Ergebnis für die Grünen. Dies treffe gerade während der Klimakrise zu. Die "Fridays for Future"-Bewegung bezeichnete sie darum als "Gamechanger". Ob die junge Generation dem Grünen treu bleibt, ist für Ehs ungewiss. "Schauen wir mal, wie es nach einer Koalition mit der ÖVP aussieht", sagte sie.
Die FPÖ sei auch für junge Wähler attraktiv, sie lag in der Statistik mit 20 Prozent auf Platz drei. "Die SPÖ wird mittlerweile als Rentnerpartei wahrgenommen", sagte die Expertin. Die Sozialdemokratie, mit nur 14 Prozent auf Platz vier, habe viele junge Wähler an die FPÖ verloren. Trotz allem mache die Gruppe der Wähler unter 30 lediglich 16 Prozent der Gesamtwählerschaft aus und sei damit gesellschaftlich unterrepräsentiert.
Expertin fordert Förderung von Jugendpartizipation
Ehs erklärte, dass die 2007 eingeführte Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre einen positiven Effekt auf die Wahlbeteiligung hat. "Die Wahrscheinlichkeit, dass Wähler, die mit 16 Jahren zum ersten Mal gewählt haben, wieder an einer Wahl teilnehmen, ist 28 Prozent höher, als bei Wählern, die mit 18 zum ersten Mal gewählt haben", erläuterte sie. Studien belegten, dass früher zum Gemeinschaftsengagement erzogene Menschen dieses tendenziell auch länger aufrecht erhielten.
Die junge Generation bringt sich laut der Expertin besonders auf lokaler Ebene ein, das parteipolitische Engagement sei hingegen niedrig. Sie forderte darum die Regierung auf, mehr Instrumente für die Jugendpartizipation zu schaffen.
Als positives Beispiel erwähnte Ehs den Jugendrat in der Vorarlberger Gemeinde Sulzberg. Seit 2010 stehe dieser Menschen im Alter zwischen 14 und 20 Jahren offen, um mit dem Bürgermeister für sie relevante Themen zu besprechen. Der Bürgermeister habe darum eine besseres Verständnis und könne jungen Menschen besser entgegenkommen. "Man versteht gleich, wie Politik funktioniert und lernt beispielsweise das Präsentieren von Ideen und die Schwierigkeit, Kompromisse zu schließen", berichtete die Wissenschafterin. Auch der faktenbasierte, informierte und rationale Diskurs werde hier vermittelt.
"Jugendräte können überall und jederzeit aufgebaut werden", so die Forscherin. Sich langfristig auf der Gemeindeebene einzubringen sei sogar wichtiger, als an Wahlen teilzunehmen, die ohnehin nur alle zwei Jahre stattfinden würden.
(APA)