Interview

„Die Betriebe brauchen Luft zum Atmen“

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WK-Tirol-Präsident fordert die Fortsetzung des Reformkurses der vergangenen Regierung. Steuerlast runter, weniger Bürokratie und Anreizsysteme für Klima- und Umweltschutz stehen auf der Prioritätenliste.

Herr Präsident, Tirol hat eine funktionierende Regierung Schwarz-Grün. Hat sich diese Koalition für die Tiroler Wirtschaft bewährt? Und sehen Sie das Tiroler Modell auch als guten Zukunftsweg für Österreich?

Christoph Walser: Stabile Verhältnisse und Verlässlichkeit sind in einer Koalition absolut wichtig, genau so wie eine detaillierte Koalitionsvereinbarung – das ist in Tirol gegeben. Auch wenn sich unser Modell nicht eins zu eins auf Bundesebene übertragen lässt, steht fest: Diese beiden Parteien haben einen deutlichen Wählerauftrag bekommen. Es gibt in vielen Bereichen tragfähige Schnittmengen – auch bei Klima und Nachhaltigkeit. Die heimischen Betriebe verfügen hier über viel Know-how und leben tagtäglich Verantwortung, teilweise seit Generationen – ich denke nur an die vielen Familienbetriebe.

Wo könnte Tirol – und sein Wirtschaftskurs – Vorbild für Österreich sein?

Tirol verfügt über einen ausgewogenen Branchen- und Größenmix. Offenkundig gelingt es der Wirtschaftspolitik im Land, für attraktive Rahmenbedingungen zu sorgen. Darüber hinaus ist es eine beachtliche Leistung, dass Tirol nun bereits im achten Jahr in Folge ein Nulldefizit zustande bringt.

Wie wird sich die Tiroler Wirtschaft in den kommenden drei Jahren entwickeln? Rechnen Sie, wie durch die vielerorts spürbare eintrübende Konjunktur, mit Bremsspuren?

Die nachlassende Konjunktur – insbesondere auch am wichtigen Markt Deutschland – wird Spuren hinterlassen. Um diese Entwicklung abzufedern, brauchen die Betriebe Luft zum Atmen. Der Reformkurs der vorigen Regierung muss fortgesetzt werden.

In Wien macht man sich mit dem seit November bestehenden Rauchverbot Sorgen ums Gastronomiesterben und befürchtet Strafen-Exzesse. Was erwarten Sie? Wie gehen die Tiroler Gastgeber damit um?

Mit dem generellen Rauchverbot herrscht jetzt immerhin Klarheit. Seitens der Politik wäre es nur fair, wenn Betriebe, die viel Geld in die räumliche Trennung von Raucher- und Nichtraucherbereichen gesteckt haben, zumindest einen Teil dieser Kosten wieder zurückerhalten, etwa in Form steuerlicher Erleichterungen. Zudem braucht es für die Nachtgastronomie die Möglichkeit, Rauchen in abgetrennten Räumen zuzulassen. Sonst sind massive Probleme mit Anrainern vorprogrammiert. Das kann nicht im Sinn des Gesetzgebers sein.

Tirol leidet unter dem Transit und die Tiroler Transportwirtschaft leidet unter den sektoralen Lkw-Fahrverboten auf den Autobahnen, die mit Jänner 2020 verschärft werden sollen. Und Landeshauptmann Platter will diese Fahrverbote auch auf das niederrangige Straßennetz ausweiten. Sie sind selbst Spediteur. Wie schwer trifft das die Tiroler Transportwirtschaft?

Eine Lkw-Flächenmaut würde nur den regionalen Verkehr und Handelsbetriebe treffen und keinen Steuerungseffekt haben. Wir müssen generell von diesem Stückwerk aus Geboten, Verboten und Einzelmaßnahmen wegkommen und brauchen einen ehrlichen Umgang mit Mobilität. Alle reden beispielsweise von der Verlagerung von der Straße auf die Schiene. Das unterstützt die WK Tirol auch – aber das wird nur möglich sein, wenn entsprechende Verladeterminals gebaut werden. Die Wirtschaftskammer Tirol beschäftigt sich gerade intensiv mit der Mobilität der Zukunft und wird Ende des Jahres eine Strategie vorlegen.

Es gibt viel zu tun – und viele Herausforderungen für die Wirtschaft – was sind aus Ihrer Sicht die größten?

Eine Umfrage der WK Tirol unter ihren Mitgliedern hat ganz klar ergeben, dass die Unternehmen dringend Entlastungen bei der Steuerlast und im Bereich Bürokratie brauchen. Ganz vorn auf der Prioritätenliste der Tiroler Betriebe steht auch Klima- und Umweltschutz in Form entsprechender Anreizsysteme.

Wie kann man diesen Problemen (die ja für ganz Österreich gelten) schnell begegnen?

Die Fort- und Umsetzung der Steuerreform wäre effektiv und schnell. Anreizsysteme für Investitionen etwa in Form eines Investitionsfreibetrags sind ebenso kurzfristig realisierbar – und lassen sich auch für den Umwelt- und Klimabereich nutzen.

Der Fachkräftemangel ist ein großes Thema – speziell der Tourismus jammert. Aber auch die Tiroler Industrie stöhnt, nicht genügend Technikkräfte und Lehrlinge zu finden. Wie können die Politik und die Wirtschaftskammer diesem Dilemma begegnen? Wie können Sie Ihre Betriebe unterstützen?

Es gibt zahlreiche Stellschrauben bei diesem Thema – von der professionellen Personalsuche über die Nutzung von Zuwanderungspotenzialen bis hin zur Qualifizierung. Die WK unterstützt ihre Mitglieder in all diesen Fragen. Für mich ist der wichtigste Punkt eindeutig die Aus- und Weiterbildung.

ZUR PERSON

Christoph Walser ist Präsident der Wirtschaftskammer Tirol und Unternehmer aus Thaur.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.11.2019)


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