Nach den Razzien in der Casinos-Affäre - unter anderem bei Ex-Minister Löger - fordern die Pinken einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu „Posten und Korruption“. Die SPÖ fordert eine Sondersitzung des Nationalrats.
Die Neos wollen die Casinos-Affäre durch einen Untersuchungsausschuss im Nationalrat prüfen lassen. Einen Antrag für einen "Posten- und Korruptions-Untersuchungsausschuss" kündigte Parteichefin Beate Meinl-Reisinger am Donnerstag in einer Pressekonferenz an. Sie hofft auf Unterstützung durch die SPÖ. Gemeinsam hätten beide Fraktionen die für eine parlamentarische Untersuchung nötigen Abgeordneten.
Die "Causa Glücksspiel"
Die Bestellung des FPÖlers Peter Sidlo zum Finanzvorstand der Casinos Austria hat die Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen. Im Vorfeld soll es zu Absprachen zwischen der FPÖ und ÖVP gekommen sein. Am Dienstag fanden deshalb nun bei Ex-Finanzminister Löger und Aufsichtsratschef Rothensteiner Razzien statt.
Die Ermittler haben laut „Presse“-Recherchen nach ersten Auswertungen von Handys, die im Sommer beschlagnahmt wurden, recht konkrete Verdachtsmomente.
Was die strafrechtliche Aufarbeitung der Vorwürfe angehe, habe sie großes Vertrauen in die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, betonte Meinl-Reisinger, aber: "Es geht hier um die politische Verantwortung dieses Postenschachers und der Korruption." Dafür brauche es einen Untersuchungsausschuss und sie sei zuversichtlich, diesen gemeinsam mit der SPÖ auf den Weg zu bringen, sagte die Parteichefin.
Meinl-Reisinger: Löger war Bauernopfer
Untersuchen wollen die Neos auch die Verantwortung des früheren und Bald-wieder-Bundeskanzlers Sebastian Kurz (ÖVP). "Es ist mit Sicherheit kein reiner FPÖ-Skandal, sondern es ist selbstverständlich ein türkis-blauer Skandal", betonte Meinl-Reisinger. Im Ausschuss soll es aus Sicht der Neos drei Handlungsstränge geben: Die Casinos-Affäre, die Involvierung des politisch gut vernetzten Glücksspielkonzerns Novomatic und die Staatsholding Öbag.
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Den nun aus der Politik ausgeschiedenen Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) hält die Neos-Chefin für ein Bauernopfer. Es könne nicht sein, dass der Finanzminister in einer Regierung, die bekannt für ihre "Message Control" gewesen sei, Personalbesetzungen in Casinos und Nationalbank treffe, ohne dass andere Regierungsmitglieder und der Kanzler davon wussten.
Rollen von Kolm und Schmid für Neos durchleuchtenswert
Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn will daher auch prüfen, welche Rolle Kurz sowie der ÖVP-nahe Chef der Staatsholding Öbag, Thomas Schmid, und die FPÖ-nahe Nationalbank-Vizepräsidentin, Barbara Kolm, spielten. Schmid - einen früheren Mitarbeiter Lögers - halten die Neos ohnehin nicht ausreichend für qualifiziert für seinen Job als Chef der staatlichen Beteiligungsholding. Abgeordnete Stephanie Krisper erinnerte außerdem daran, dass sich Löger auch in der Causa um die mögliche Rückforderung von illegalen Spieleinsätzen sehr Novomatic-freundlich verhalten habe.
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Für einen Untersuchungsausschuss ist ein Viertel der Abgeordneten nötig - also 46 Mandatare. Im neuen Nationalrat verfügt nur die ÖVP über die nötige Stärke, einen U-Ausschuss im Alleingang einzusetzen. Alle anderen Fraktionen sind auf die Unterstützung zumindest einer weiteren Partei angewiesen.
Lercher will Blümels Aufgabe hinterfragen
Aus der SPÖ, deren Stimmen die Neos für die Umsetzung des U-Ausschusses bräuchte, kam am Donnerstag zunächst der Wunsch nach einem unabhängigen Justizminister. Der SPÖ-Abgeordnete Max Lercher sieht die Casinos-Affäre als aktuellen Anlass, auf die Notwendigkeit eines solchen hinzuweisen. Angesichts der Ermittlungen in dieser Causa hält er dies für angemessen und hofft, dass die Grünen, die sich immerhin der Aufklärung verschrieben hätten, in ihren Verhandlungen mit der ÖVP auch darauf drängen würden, so Lercher.
Ebenso ist Lercher der Meinung, dass die Rolle von Ex-Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) hinterfragt werden müsse. Immerhin sei dieser zur Zeit der Affäre als Regierungskoordinator tätig gewesen.
SPÖ will wegen U-Ausschuss abwarten
Die SPÖ will rund um die Causa eine Sondersitzung des Nationalrats einberufen. "Wir möchten rasch eine Sondersitzung im Nationalrat, um dieses Causa umgehend dort debattieren zu können", sagte der stellvertretende Klubchef, Jörg Leichtfried, am Donnerstag. "Wir werden uns noch heute an Grüne und Neos wenden, um die notwendige Mehrheit für eine Sondersitzung zu bekommen. Ich gehe davon aus, dass das auch gelingen wird, weil für alle Beteiligten Aufklärung notwendig ist." Für die SPÖ sei es wichtig, "dass das Parlament sofort in der Lage ist, seine Kontrollrechte wahrzunehmen". Die schnellste Möglichkeit dafür sei eben eine Sondersitzung.
Kommt mit den anderen Fraktionen rasch eine Einigung zustande, wovon Leichtfried ausgeht, dann könnte Leichtfried zufolge die Sondersitzung bereits Ende nächster oder übernächste Woche stattfinden.
Angesprochen auf die Möglichkeit eines U-Ausschusses sagte Leichtfried, dass sich die SPÖ auch diesem Thema nicht verschließe. "Wir sind gerne bereit, über alles zu sprechen." In einem ersten Schritt gehe es aber nun einmal darum, in einer Sondersitzung Informationen zu sammeln.
Kogler: Ändert nichts an Koalitionsverhandlungen
Auch Grünen-Chef Werner Kogler kann sich einen U-Ausschuss zumindest vorstellen. "Ich würde mir das anschauen und bin da sehr interessiert, die Untersuchungsführung und Untersuchungsbeauftragung mitzubeeinflussen, weil wir ja doch ein gewisses Know-How haben", sagte er am Donnerstag im Ö1-"Mittagsjournal".
An den aktuellen Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP ändere die Causa vorerst nichts. "Nein, ich denke nicht", es werde "vorläufig keine Änderung geben. Die Grünen "werden das verhandlen, was wir für die Regierung für richtig halten". Gleichzeitig betonte Kogler, seine Fraktion werde "im Parlament jene unterstützen, die im notwendigen Ausmaß für Aufklärung sorgen sollten".
Zurückhaltend gab sich Kogler auf die Frage, was die Causa über die ÖVP aussagt. "Ich sehe eine Involvierung des Ex-Finanzministers Löger", das sei "offenkundig". "Etwas Weiteres müsste sich weisen, ich kann es nicht erkennen." Er habe "natürlich" weiterhin Vertrauen zur ÖVP, sagte er. Dass es in der türkis-blauen Koalition "ein paar klassische Interventionen" gegeben habe, sei "offenkundig". (APA)