Am Anfang kennt das Mitgefühl keine Grenzen. Irgendwann dreht man sich um und merkt, dass man allein dasteht.
Es ist eine Erfahrung, die nur einem sehr exklusiven Kreis an Menschen vorbehalten ist, umso bitterer ist sie: Mit Solidarität für Betroffene von Rassismus verhält es sich wie mit Verständnis und Beileid für Hinterbliebene – sie ist fragil, inflationsanfällig und hält nicht lange an. Denn nach anfänglich scheinbar grenzenlosem Mitgefühl wird schon bald von einem erwartet, darüber hinwegzukommen, nach vorne zu blicken und das Geschehene zu vergessen. Unabhängig davon, wie es einem mittlerweile geht.
Hinzu kommt, dass jemand, der rassistisch beleidigt wurde, sehr wahrscheinlich wieder und wieder in diese Situation kommen wird. Und es wird jedes Mal genauso unangenehm, genauso erniedrigend und genauso frustrierend sein. Nur die Solidarität ist dann nicht mehr die gleiche. Es spricht zwar niemand aus, aber die Botschaft, die einem mit Blicken, Gesten und Worten suggeriert wird, ist unmissverständlich. Sie reicht von „Hab' dich nicht so!" über „Ist dieses Thema nicht schon durch?" bis hin zu „Hast du mit deinem Verhalten möglicherweise selbst einen Teil dazu beigetragen?".
Vielleicht hält sich Justizministerin Alma Zadić deswegen so zurück. Und äußert sich kaum öffentlich zur, wie man so schön sagt, Welle der Solidarisierung in der Bevölkerung, nachdem sie in sozialen Medien aufs Übelste beschimpft wurde. Denn sie gehört ganz sicher zum eingangs erwähnten exklusiven Kreis an Menschen, die wissen, was es heißt, sich mit einem Gefühl arrangieren zu müssen, das ihr Umfeld niemals verstehen wird. In seiner vollen Dimension gar nicht verstehen kann.
Wie man damit umgehen soll? Wer weiß das schon? Im Laufe der Jahre entwickelt jeder so seine Strategien. Die einen lassen es über sich ergehen in der Hoffnung, dass es bald vorbei ist. Die anderen suchen jedes Mal aufs Neue die Konfrontation, weil sie nicht anders können. So oder so werden die Unterstützer von Mal zu Mal weniger. Nur die Demütigung bleibt immer gleich.