Im "Puls 4"-Interview sagte Kanzler Kurz über die Angriffe auf die neue Justizministerin, dass man so etwas aushalten muss, wenn man in der Politik ist. Aber ist das tatsächlich so?
Die neue Justizministerin Alma Zadić wird, insbesondere in sozialen Netzwerken, beschimpft, vor allem wegen ihrer bosnischen Herkunft. Dass sie "dorthin zurückkehren soll, wo sie herkommt", gehört da noch zu den harmloseren Angriffen. Auch Morddrohungen wurden bereits geäußert. Der Hass im Netz, der der 35-Jährigen entgegenschlägt, war Mittwochabend auch Thema in einem "Puls-4"-Interview.
"Macht Ihnen dieses Ausmaß von rechter Hetze Sorgen?" So fragte Corinna Milborn Bundeskanzler Sebastian Kurz, der mit dieser Frage gerechnet haben musste. Manch einer hätte den ersten Teil der Antwort wohl punktgenau mitsprechen können, so erwartbar war er: Er lehne Hetze "ganz grundsätzlich ab, egal aus welcher Ecke sie kommt", meinte der Kanzler, er finde das unappetitlich und verurteile es. Doch dabei blieb es nicht. Kurz, der Zadić eine "gute Juristin" nannte (ein nicht gerade überschwängliches Lob für eine Ministerin mit so eindeutigen Qualifikationen), gab sich „optimistisch, dass sie das aushält“. Sein allgemeines Urteil: "Das muss man auch aushalten, wenn man in der Politik ist." Echter Beistand sieht dann doch anders aus. Und es muss die Frage gestattet sein: Ist das tatsächlich so? Muss man Schmähungen, rassistische Anfeindungen, sexistische Beleidigungen aushalten? Und im Gegenschluss: Hat ein empfindsamer Mensch in der Politik quasi nichts zu suchen?
Vielleicht repliziert Kurz hier auf die stoische Philosophie, in der das Individuum seinen Platz in einer allgemeinen Ordnung erkennen und mit viel emotionaler Selbstbeherrschung ausfüllen soll? Eine Haltung, die dem Österreicher im Allgemeinen aber wohl nicht in die Wiege gelegt ist. Und dem Politiker per se nicht entspricht. Ganz allgemein würde man auch hoffen, dass es von politischer Seite Lösungsvorschläge gegen Hass im Netz gibt. Und nicht nur ein "dort wo es möglich ist, rechtlich gegen solche Personen vorzugehen, sollten wir das tun", wie der Kanzler es formulierte.