Covid-19

Premier Conte erklärt ganz Italien zur Sperrzone

Coronavirus: Praeventionsmasznahmen in Italien Casalpusterlengo Road Blocks of the Guadia di Finanza and Carabinieri in Ca
Coronavirus: Praeventionsmasznahmen in Italien Casalpusterlengo Road Blocks of the Guadia di Finanza and Carabinieri in Caimago images/Independent Photo A
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Noch drastischere Maßnahmen der italienischen Regierung: Ganz Italien wird „zur Sicherheitszone", erklärt Premier Giuseppe Conte am Montagabend. Die Reisefreiheit wird massiv eingeschränkt, Versammlungen sind verboten.

Rom. Die Coronavirus-Epidemie hat Italien seit nunmehr 17 Tagen fest im Griff. Nachdem zunächst große Teile Norditaliens zur Sperrzone erklärt wurden, greift die italienische Regierung am Montagabend zu noch drastischeren Mitteln: Italiens Premier Giuseppe Conte macht ganz Italien zur Sperrzone. „Wir haben als italienische Regierung eine Entscheidung getroffen“, sagte er. „Es wird keine rote Zonen mehr geben. Es wird Italien geben.“ Das gesamte Land werde nun zur Sicherheitszone erklärt. Denn: „Es gibt keine Zeit mehr.“ Ein entsprechendes Dekret werde er direkt nach dem Medientermin unterzeichnen, danach werden die Maßnahmen sofort in Kraft treten.

Doch was kommt auf Italien zu? Zunächst wird die Reisefreiheit in dem Land stark eingeschränkt. Als Vorbild dienen die Maßnahmen, die seit Sonntag bereits in der Lombardei sowie in 14 norditalienischen Regionen gelten. Italiener werden nicht ausreisen dürfen, Ausnahmen sind nur bei nachgewiesenen dringenden beruflichen oder familiären Verpflichtungen und in gesundheitlichen Notfällen vorgesehen. Schulen und Universitäten bleiben bis zum 3. April geschlossen. Lokale schließen um 18 Uhr. Bei den öffentlichen Verkehrsmitteln soll es zu keinen Beschränkungen kommen. Man wolle somit den Menschen erlauben, zur Arbeit zu gehen. Sportliche Veranstaltungen, wie die „Seria A“ im Fußball, sollen ganz ausgesetzt werden.

Conte fasste die Maßnahme unter dem Slogan „io resto a casa“ zusammen: „Ich bleibe zu Hause“. Er sei sich der Auswirkungen der Entscheidungen bewusst. „Ich bin aber dazu gezwungen, um uns alle zu beschützen.“ Die Ausbreitung des neuartigen Corona-Virus müsse gestoppt oder zumindest eingebremst werden.

„Wir müssen unsere Gewohnheiten ändern“, sagte Conte und appellierte an die italienische Bevölkerung: „Wir alle müssen auf etwas verzichten und wir müssen es sofort machen.“ Aber: „Wir werden es nur schaffen, wenn wir uns alle an diese Vorgaben halten.“ Conte erklärte, die 20 italienischen Regionen seien mit den beschlossenen Maßnahmen einverstanden.

EU-Regierungschefs beraten am Dienstag

Conte, der sich mit der EU-Kommission auf zusätzliche Defizitflexibilität in der Größenordnung von 7,5 Milliarden Euro zur Eingrenzung der negativen Auswirkungen auf die italienische Wirtschaft geeinigt hat, will von Brüssel noch mehr Spielraum fordern. "Wir denken an die Möglichkeit, Brüssel eine höhere Forderung zu stellen", sagte Conte. Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen am Dienstagnachmittag per Videokonferenz über die Koordinierung bei der Eindämmung der Corona-Krise beraten. Dies teilte das EU-Ratssekretariat am Montagabend auf Twitter mit.

Am Sonntag waren bereits die Maßnahmen erneut verschärft, große Teile Norditaliens zur Sperrzone erklärt und Restriktionen für das gesamte Land erlassen worden. In 27 Gefängnissen kam es zu Revolten, die Häftlinge wehren sich gegen den Beschluss, keinen Besuch von Angehörigen mehr bekommen zu dürfen. In Modena starben sechs Insassen. Auf Anweisung des Zivilschutzes wurden alle Skiorte des Landes geschlossen, verkündete die Regierung am frühen Montagabend.

Aktuell gibt es in Italien fast 8000 Menschen, die positiv auf das Coronavirus getestet worden sind. 463 Menschen sind an dem Virus gestorben, mehr als 720 Menschen konnten geheilt werden. Im Vergleich zum Vortag zeigt sich, wie dramatisch die Situation wirklich ist: Innerhalb vom 24 Stunden kamen 97 Todesfälle hinzu – die allermeisten in der norditalienische Region Lombardei. Dort befanden sich zudem rund 400 Menschen auf der Intensivstation – zwei Drittel aller Corona-Intensivpatienten. Besonders betroffen sind Menschen über 70 Jahre.

(c) Die Presse

Stresstest für Krankenhäuser

Das Krankenhaus, das am nächsten am ursprünglichen Brandherd und der bereits vor mehr als zwei Wochen eingerichteten Quarantänezone liegt, ist das Ospedale Maggiore in der Stadt Lodi, hierhin wurden auch die besonders schweren Fälle aus der sogenannten zona rossa gebracht. Ein Angestellter des Krankenhauses, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, berichtet am Telefon von einer „dramatischen Situation“: Seitdem das Virus vor zwei Wochen bei dem „Patienten eins“ in dem 30 Kilometer entfernt liegenden Partnerkrankenhaus in Codogno diagnostiziert worden sei, würden alle Angestellten ohne Pause arbeiten. Bereits vor dem Coronaausbruch habe sich der Sektor in einer schweren Krise befunden, weil es zu wenig Personal gegeben habe. Nun seien zusätzlich Mitarbeiter ausgefallen, weil sie sich selbst infiziert hätten, und das verbliebene Personal müsse noch mehr arbeiten. „Einige Ärzte aus den privaten Krankenhäusern in der Umgebung unterstützen die Ärzte in Lodi, indem sie freiwillig und unbezahlt aushelfen“, so der Mitarbeiter.

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