„Die Zahl der Infizierten ist enorm, die Krankenhäuser sind am Ende ihrer Kräfte“, sagt der Gesundheitsbeauftragte Lombardei. Die Todeszahl in Italien stieg so hoch wie noch nie binnen eines Tages.
Die Opferzahl in Italien steigt rasant, mittlerweile gibt es 2978 Tote. Es sind 475 Tote mehr als am Vortag, der bisher größte Anstieg binnen eines Tages. Die Regierung in Rom und einige Lokalregierungen wollen daher die restriktiven Maßnahmen weiter verschärfen. Er halte eine Verlängerung der Ausgangssperre und anderer Einschränkungen für unvermeidbar, sagte der italienische Premier Giuseppe Conte am Donnerstag in der Zeitung „Corriere della Serra“. Auch ein weiteres Wirtschaftspaket mit Milliardenhilfen kündigte er an. Denn: Das Land werde nicht so schnell zur Normalität zurückkehren.
Die von der Coronavirus-Epidemie besonders schwer getroffene norditalienische Region Lombardei ruft die Regierung in Rom sogar zu einem kompletten Shut Down auf. "Es gibt keinen anderen Weg. Die Krankenhäuser sind am Ende der Kräfte, es gibt keine Therapie gegen Covid-19", sagte der Gesundheitsbeauftragte der Lombardei, Giulio Gallera, im Interview mit der römischen Tageszeitung "La Repubblica".
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"Die Zahl der Infizierten wächst weiter. Nicht nur ältere Patienten, sondern auch Menschen im Alter von 40 oder 50 Jahren werden eingeliefert, die beatmet werden müssen", so Gallera. Er protestierte, dass immer noch zu viele Menschen auf den Straßen unterwegs seien. "Das ist unannehmbar. Die Leute müssen zu Hause bleiben", sagte der Politiker.
Emilia Romagna schränkt Outdoor-Sport ein
Auch die norditalienische Emilia Romagna reagiert: So wurden alle Parks und Grünflächen in der Region geschlossen. Radfahren ist lediglich zum Erreichen des Arbeitsplatzes, oder zum Einkaufen erlaubt. Beim Joggen und Spaziergehen mit Hunden müssen die Bürger unweit des eigenen Wohnorts bleiben.
Die beschlossenen Maßnahmen gelten bis 3. April. Damit will die Emilia Romagna, die nach der Lombardei von der Epidemie am stärksten betroffenen Region Italiens, verhindern, dass sich zu viele Menschen trotz Ausgangssperre im Freien aufhalten. Ähnliche Maßnahmen könnten auch andere Regionen, darunter die Lombardei, bald ergreifen, berichteten italienische Medien.
Die zusätzlichen Einschränkungen der Bewegungsfreiheit gelten laut den italienischen Gesundheitsbehörden als Notwendigkeit, nachdem die Infektionsrate weiter steigt. Mittlerweile gibt es 35.713 bestätigte Corona-Fälle in Italien.
Stadt Bergamo besonders getroffen
Besonders betroffen ist die lombardische Stadt Bergamo, in der 4.300 Personen infiziert wurden. Die Zahl der Todesopfer in den ersten zwei Wochen im März war um das Vierfache höher als im Vergleichszeitraum des vergangenen Jahres. Die Zahl der Toten stieg am Mittwoch auf 553, 93 mehr als am Dienstag. Auf dem städtischen Friedhof sind die Plätze für die Särge ausgegangen. Militär-Lkw mussten diese zum Einäschern in Nachbarregionen bringen. Der Bürgermeister von Bergamo, Giorgio Gori, bat Italien um Unterstützung und sprach von einem "tragischen Moment" für die Stadt.
Die geplante Eröffnung eines Feldkrankenhauses auf einem Messegelände in der von der Epidemie schwer betroffenen lombardischen Stadt Bergamo mit 300 Betten, darunter 100 Plätze auf der Intensivstation, musste wegen Mangels an Ärzten und Krankenpflegern verschoben werden. Die italienischen Behörden appellierten an pensionierte Sanitäter, sich zu melden. Der Bedarf nach Ärzten und Krankenpflegern sei akut.
Mangel an Arzneimitteln
2.629 Sanitäter haben sich nach jüngsten Angaben in Italien am Covid-19 infiziert. Das sind 8,3 Prozent aller in Italien gemeldeten Infektionsfälle, geht aus einer Studie der Stiftung Gimbe hervor, die Daten des italienischen Gesundheitsinstituts ISS unter die Lupe nahm. Die Zahl der infizierten Sanitäter sei doppelt so hoch wie in China, geht aus einer Analysen der Stiftung hervor.
Wegen der steigenden Infektionszahl kommt es zudem zu einer Knappheit an Arzneimitteln. Dies berichtete die italienische Medikamentenbehörde AIFA auf ihrer Webseite. Die Behörde sei in Kontakt mit Pharmakonzernen, um die Engpässe zu beheben.
(APA/Reuters)