Der Nationalratspräsident verteidigt in der ORF-Pressestunde das Zustandekommen der Gesetze und Verordnungen im Eilverfahren. Kritik übt dagegen der Präsident der Rechtsanwaltskammer, Rupert Wolff.
Ähnlich wie Kanzler Sebastian Kurz verweist auch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) in der Debatte um die Rechtmäßigkeit der Corona-Gesetze auf die begrenzte Dauer der Regelungen. „Alle Gesetze, die jetzt beschlossen wurden, haben ein Ablaufdatum“, sagte er am Sonntag in der ORF-Pressestunde. Er hält es für ausgeschlossen, dass Krisengesetze in den Normalzustand übergeführt werden. Wenn es die Notwendigkeit gebe, etwas an den Verordnungen zu ändern, bestehe im Parlament die Möglichkeit dazu. „Dann hat man sich damit auseinanderzusetzen“, sagte Sobotka.
Die Corona-Gesetze würden jedoch alle von selbst wieder außer Kraft treten. Nach der Krise sollen alle Grundrechte wieder in vollem Umfang eingesetzt werden, versprach Sobotka. Eine Schnellprüfung des Verfassungsgerichtshofes will er nicht vorantreiben. „Der Verfassungsgericht entscheidet selbst, welche Urteile schneller gefällt werden müssen“, sagte er dazu.
Das schnelle Durchpeitschen der Gesetzespakete, unter anderem durch das Parlament, verteidigte der Nationalratspräsident: „Wer schnell hilft, hilft doppelt.“ Mit einem normalen Prozedere sei man bei einer Beschlussfassung im Juni gewesen, erklärte er und lobte die enge Zusammenarbeit zwischen Regierung, Parlament und Bundespräsident: „Ich bin froh, dass wir auch in diesen Zeiten einen starken Parlamentarismus haben.“ Stück für Stück wolle man nun wieder zu einem normalen parlamentarischen Fahrplan zurückkommen, inklusive Begutachtung von Gesetzen, erklärte er.
Rechtsanwälte für Eilverfahren
Anders sieht dies der Präsident der Rechtsanwaltskammer, Rupert Wolff. Es wäre „durchaus riskant, wenn der Gesetzgeber Verfassungsrecht bricht, denn er riskiert, einem betroffenen Bürger gegenüber ersatzpflichtig zu werden“. Deshalb wäre es sehr sinnvoll, wenn der VfGH – wie in Deutschland – Gesetze im Eilverfahren überprüfen kann. Schließlich würden die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus vielfältig in Grundrechte eingreifen – vom Hausrecht (Besuch zu empfangen) über die Freizügigkeit bis zur Religionsausübung. „Nicht gerechtfertigt und unsachlich“ – somit verfassungswidrig – ist aus Sicht der Anwälte die Regelung, dass Geschäfte mit weniger als 400 Quadratmetern wieder aufsperren durften, größere Läden aber darüber hinausgehende Verkaufsflächen nicht abriegeln (und damit aufsperren) durften.
Hätte es dazu eine Begutachtung gegeben, „hätten wir eine Lösung gefunden“, fordert Wolff zumindest eine „Schnellbegutachtung“ der Corona-Gesetze. Damit hätte man auch den (mittlerweile reparierten) Fehler verhindert, dass zwar die Frist für die Einbringung von Berufungen im Strafverfahren ausgesetzt wurde, nicht aber jene für deren Ausführung. „Werden Gesetze nur rasch gemacht, ohne auf die Qualität zu achten, zerstört man mehr als es nützt“, konstatierte Wolff. Wurden Fehler begangen, sei es unsere Verpflichtung, diese aufzuzeigen, das ist keine juristische Spitzfindigkeit – weist Wolff eine weitere Antwort des Kanzlers auf Juristen-Einwände zurück. (APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2020)