China/Hongkong

Chaotische Szenen in Hongkongs Parlament

REUTERS
  • Drucken

Der Protest gegen Peking ist nicht verstummt. Vor Gericht wurden Demokratieaktivisten formell beschuldigt.

Die politische Krise in Hongkong gewinnt nach der coronabedingten Zwangspause wieder an Dynamik: Im Parlament der chinesischen Sonderverwaltungszone kam es am Montag zu Zusammenstöße.

Zugleich wurde eine Gruppe prominenter Demokratie-Aktivisten formell beschuldigt. Vor Gericht erschienen am Montag unter anderen der Medienunternehmer Jimmy Lai sowie der frühere Rechtsanwalt Martin Lee, der die Verfassung der Stadt mit ausgearbeitet hatte. Zu den insgesamt 15 Beschuldigten zählen auch Ex-Abgeordnete wie Margaret Ng oder Albert Ho der derzeitige Abgeordnete Leung Yiu Chung.

Alle wurden beschuldigt, im vergangenen Sommer unrechtmäßige Versammlungen organisiert und daran teilgenommen zu haben. Fünf von ihnen wird zudem Aufwiegelung vorgeworfen, worauf eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren steht.

Einige von ihnen nutzten das Verfahren vor Gericht, um Kritik an der Regierung zu üben. Auf die Frage des Richters, ob er die Vorwürfe verstanden habe, rief der Aktivist Raphael Wong: "Ich verstehe, dass dies eine politische Verfolgung ist."

Kritik der EU und der UNO

Die Festnahmen waren von Großbritannien, der EU und der UNO kritisiert worden. Hongkongs Regionalregierung argumentiert, die Polizei wende lediglich das Gesetz an. Peking lobt das Vorgehen der Behörden in der Sonderverwaltungszone. Am Montag kamen die Beschuldigten zunächst auf Kaution frei.

Im Parlamentsausschuss, der für die Prüfung von Gesetzen zuständig ist, gab es am Montag derweil chaotische Szenen: Protestierende Abgeordnete der Demokratiebewegung wurden von Sicherheitsleuten aus dem Gebäude gezerrt, rivalisierende Lager lieferten sich Handgemenge.

Umstrittenes Gesetz zur Nationalhymne

Es war bereits das zweite Mal innerhalb von zwei Wochen, dass es zu derartigen Szenen im Parlament kam. Die Unterstützer der Demokratiebewegung wollen ein Gesetz verhindern, das beleidigende Äußerungen über die chinesische Nationalhymne unter Strafe stellt.

Der Ausschuss hat seit Oktober keinen Vorsitzenden mehr, wodurch keine Gesetzesvorhaben zur Abstimmung kommen. Die pro-demokratische Opposition blockiert seit Monaten die Wahl eines neuen Vorsitzenden. Am Montag setzte das pekingtreue Lager einen eigenen Ausschussvorsitzenden ein, was das gegnerische Lager als "Coup" bezeichnete.

Im vergangenen Jahr hatten Massenproteste für mehr Demokratie und Unabhängigkeit von Festland-China die Finanzmetropole über Monate erschüttert. Die Proteste hatten sich ebenfalls an einem umstrittenen Gesetzesvorhaben entzündet. Dieses sollte Auslieferungen an Festland-China ermöglichen. Gemäß der Hongkonger Verfassung darf sich die Zentralregierung nicht in die Belange der Sonderverwaltungszone einmischen.

(APA/AFP)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.