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US-Justiz und Polizei: Die vielen Fälle mit Fragezeichen

Polizisten erschossen Breonna Taylor.
Polizisten erschossen Breonna Taylor. (c) APA/AFP/JASON CONNOLLY (JASON CONNOLLY)
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Nach der Tötung des Afroamerikaners Floyd fordern Aktivisten die Neu-Untersuchung von Prozessen und umstrittenen Urteilen.

Wien/Washington. Ein Satz, der insbesondere in den USA viel zitiert wird dieser Tage: „Rassismus wird nicht schlimmer, er wird jetzt gefilmt.“ Eine junge Passantin hat die Tötung des Afroamerikaners George Floyd auf Handykamera festgehalten, die darauffolgende Protestwelle hat das öffentliche Interesse auch auf jene Fälle gerichtet, bei denen die Arbeit von Polizei und Justiz viele Fragezeichen hinterlässt. #SayHerName – Sag ihren Namen – lautet der Hashtag, mit denen Aktivisten und User in sozialen Medien eine Untersuchung der Umstände fordern, die zur Tötung der 26-jährigen afroamerikanischen Notfallsanitäterin Breonna Taylor geführt haben.

Ohne Klopfen und Körperkameras stürmten in Louisville Mitte März mehrere Beamte die Wohnung von Taylor und ihrem Partner; dieser glaubte an einen nächtlichen Einbruch und ließ mit seiner auf ihn registrierten Waffe einen Schuss ab. Die Polizisten erwiderten mit noch mehr Schüssen: Acht Projektile trafen Taylor tödlich. Der Einsatz, der viele Fragen aufwirft, denn weder Taylor noch ihr Partner war hauptverdächtig bei laufenden Drogenermittlungen, erregte zunächst kaum öffentliche Aufmerksamkeit. Nun hat die Stadt Louisville mit einer Gesetzesänderung reagiert: Dem Breonna-Gesetz zufolge sind Hausdurchsuchungen ohne vorherige Ankündigung (etwa Klopfen) verboten. Zudem müssen Polizisten bei Einsätzen Körperkameras tragen.

Die Neuaufnahme seines Prozesses könnte Albert Wilson bevorstehen. Ein Gericht in Kansas verurteilte den 24-jährigen Studenten wegen Vergewaltigung zu zwölf Jahren Haft – trotz mangelnder Beweise, wie Prozessbeobachter sagen. Wilson traf in einer Bar eine 17-Jährige und begleitete sie – so halten es Überwachungsvideos fest – zu ihr nach Hause, wo sie sich mehrere Minuten aufhielten. Anschließend gingen sie wieder in eine Bar. Bei der jungen Frau wurden keine Spuren von Sperma oder DNA von Wilson gefunden. Weiterer Kritikpunkt der Prozessbeobachter: Die Jury war ausschließlich weiß.

Für die 40-jährige fünffache Mutter Tamla Horsford endete eine Übernachtungsparty mit befreundeten Müttern tödlich. Als einzige Afroamerikanerin in einer größeren Runde wurde sie frühmorgens tot im Hof des Hauses aufgefunden. Offenbar führten Interventionen des Lebensgefährten der Gastgeberin – eines Beamten – dazu, dass der Fall als Unfall eingestuft wurde: Die alkoholisierte Horsford sei vom Balkon gestürzt. Doch in einem Autopsiebericht ist von Würgemalen die Rede, Zeugenaussagen sind widersprüchlich. Ungereimtheiten sehen Beobachter und Aktivisten auch im Fall Kendrick Johnson (17), der 2013 tot in seiner Highschool gefunden wurde, eingerollt in eine lange Sportmatte. Der Tod des jungen Athleten wurde als tragischer Unfall eingestuft, ein Befund, den Johnsons Familie nicht teilt. Sie kritisiert, dass verdächtige Blutspuren im Gymnastiksaal sowie Unstimmigkeiten in der Autopsie nicht weiter untersucht wurden. „Gerechtigkeit für Horsford und Johnson“ fordern nun nicht nur einflussreiche Prominente wie Kim Kardashian.

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