Die Opposition will die Verteidigungsministerin stürzen und bringt einen Misstrauensantrag ein. Klaudia Tanner stellt ihre Pläne für die Stärkung der Miliz vor.
Wien. Misstrauensanträge der Opposition gegen einen Minister sind eine relativ aussichtslose Sache: Die Regierung verfügt im Normalfall über eine ausreichende Mehrheit im Parlament, um den Antrag abzuschmettern. Das Ganze fällt also eher unter parlamentarisches Ritual. Trotzdem sind solche Aktionen eher selten – erst recht, dass sich drei von ihrer Ausrichtung her sehr unterschiedliche Oppositionsparteien zusammentun, um einer Ministerin das Misstrauen auszusprechen.
Bei Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) sind sich SPÖ, FPÖ und Neos aber ausnahmsweise einig. „Das Maß ist voll“, lautete die Begründung der drei oppositionellen Wehrsprecher. Tanner gefährde mir ihrem „Zickzackkurs“ in Sachen Landesverteidigung und Luftraumüberwachung die Sicherheit und das Ansehen der Republik.
Die Aktion der Oppositionsparteien ist eine Reaktion auf das Agieren der Ministerin in den vergangenen zwei Wochen. Erst hatte es ein Hintergrundgespräch gegeben, in dem der Stabschef der Ministerin die militärische Landesverteidigung für obsolet erklärt hatte. Erst nach heftiger Kritik war Tanner zurückgerudert. Und am Montag dieser Woche gab sie ihre Pläne für die Luftraumüberwachung bekannt: Für die Saab 105, die Ende des Jahres außer Dienst gestellt werden, gibt es keinen Ersatz. Die Eurofighter werden vorerst weiterbetrieben, notwendige Aufrüstungen finden aber nicht statt. Dafür soll es auf parlamentarischer Ebene eine Enquete zur Zukunft der Luftraumüberwachung geben.
Rote Linien überschritten
Tanner habe „mehrere rote Linien“ überschritten, sagte SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer: „Bei der vorsätzlichen Gefährdung unserer Heimat spielen wir nicht mehr mit.“ Der Misstrauensantrag sei ein wohlüberlegter Schritt. Und eine Enquete brauche man nicht, so die Opposition, sondern Entscheidungen der Ministerin.
Tanner selbst gab am Donnerstag Details zur schon angekündigten Aufrüstung der Miliz bekannt: Für 26 Millionen Euro werden Fahrzeuge angeschafft, 88 Mio. Euro will die Ministerin für die Ausrüstung der Soldaten aufwenden. Angeschafft werden da unter anderem Tarnanzüge, 3-D-Nachtsichtbrillen, Kampfhelme, Schutzwesten sowie Headsets und Gehörschutz. Auf der Einkaufsliste stehen auch modernisierte Sturmgewehre StG7 und Scharfschützensysteme.
Unterstützt wurde sie dabei vom Milizbeauftragten des Bundesheers, Raiffeisen-Manager Erwin Hameseder. Ganz einig waren aber auch sie nicht: Während Miliz-Generalmajor Hameseder für die Wiedereinführung der verpflichtenden Milizübungen eintritt, will Tanner weiterhin auf Freiwilligkeit und Anreize setzen. Und auch die Veranstaltung war von einem Hoppala begleitet: Ein Soldat, der quasi als Kulisse vor einem Militärfahrzeug posierte, erlitt einen Kreislaufkollaps. (maf)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2020)