In unserem Glauben an fixe Identitäten haben wir verlernt, mit Rollen zu spielen, sagt Robert Pfaller. Sein neues Buch „Die blitzenden Waffen“ ist ein brillantes Plädoyer für Form – und gegen Kunst, die sich als Wissenschaft geriert.
„I never said that I was deep“, sang einst der britische Sänger Jarvis Cocker (der jüngst wieder ein feines Album veröffentlicht hat), „but I'm profoundly shallow.“ Diese schöne Zeile ist schwer übersetzbar, lebt vom koketten Widerspruch zwischen Adverb und Adjektiv: auf tiefe Weise flach. Oder: hintergründig oberflächlich. Wie passt das zum österreichischen Philosophen Robert Pfaller? Oberflächlich schon einmal ganz gut. Pfaller und Cocker sind ähnlich alt (Jahrgänge 1962 und 1963), beide sind groß und schlaksig und tragen Sakkos.
Es passt auch inhaltlich: Cockers Zeile könnte ein Motto von Pfallers neuem Buch sein, das im Grunde eine tiefsinnige Eloge auf die Oberfläche ist. Auf den Schein und die äußere Form, auf das Spiel und die Maskerade. Damit auf die Kunst. Entsprechend ist es – in der Tradition von Susan Sontags Essay „Against Interpretation“ – ein Angriff auf die nicht nur unter Deutschprofessoren verbreitete Idee, dass die Form in der Kunst nur Verpackung sei, die es zu entfernen gilt wie das Geschenkpapier zu Weihnachten, unter dem erst der wahre Inhalt wartet. „Scheinsvergessenheit“ nennt Pfaller das und spottet über künstlerische Arbeiten, „die in der Anschauung vor Ort auch nicht um das Geringste mehr hergeben, als es ihre Beschreibung im Katalog bereits getan hat“.