In ihrem neuen Buch „Die zweite Chance“ befasst sich Susanne Boshammer ausführlich mit Vergebung, bleibt aber in trockener Vernunftethik stecken.
Vergeben sei göttlich, erklärte Alexander Pope, das Diktum Ciceros vom Irren erweiternd. Tatsächlich wird das menschliche Vergeben schon im ersten christlichen Gebet zum Vorbild fürs göttliche: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“ Ein genuin menschlicher Akt also, das Vergeben, wohl wert, ihm ein Buch zu widmen. Susanne Boshammer, Philosophin in Osnabrück, hat eines geschrieben, doch man wird nicht recht glücklich damit.
Nicht weil Unsinn darin stünde, bewahre. Boshammer schreibt nichts, was nicht alle verständigen Menschen unterschreiben würden. Im behäbigen Stil erklärt sie Vergebung und Vergeltung. Sie gibt gut gewählte Beispiele von geschlagenen Kindern, die ihren Eltern nicht vergeben, bis zu Kindern von RAF-Opfern, die den Tätern sehr wohl vergeben. Sie zitiert die einschlägigen Heinrich-Heine-Stellen von den Feinden, denen man verzeihen soll, „aber nicht eher, als bis sie gehängt worden“, und von Gott, der einem schon vergeben werde, weil das sein Metier sei. Ja, sie zieht sogar ein Resümee, auf das sich wohl alle einigen können: „Verzeih, wann immer es sich rechtfertigen wird. Oft lässt es sich rechtfertigen.“