Umfrage

Jeder Vierte zahlt die Rechnung zu spät

Der Bund braucht nach wie vor am längsten, um seine Rechnungen zu begleichen. Vor allem kleine Unternehmen sind stark von der Coronakrise betroffen. 45 Prozent der Unternehmen investieren trotzdem.

Trotz der wirtschaftlich turbulenten Zeiten ist die Zahlungsmoral in Österreich nach wie vor hoch. Im kommenden Jahr wird allerdings mit einer Verschlechterung gerechnet, sagte Ricardo-José Vybiral, Chef des Kreditschutzverbandes KSV1870, am Mittwoch bei einem Pressegespräch. Private sind weiterhin vorbildlich, die öffentliche Hand weniger. Deutlich gestiegen ist die Zahlungsdauer des Bundes.

Der Bund braucht nach wie vor am längsten, um seine Rechnungen zu begleichen, seine Zahlungsdauer hat sich von 36 auf 49 Tage verschlechtert, geht aus einer KSV-Umfrage hervor. Das könne mit der späten Auszahlung von Förderungen zusammenhängen, vermutet der KSV. Insgesamt zahlen aktuell 23 Prozent ihre Rechnungen verspätet, im Vorjahr waren es 16 Prozent. Allerdings liege der Anstieg zum Teil daran, dass Zahlungsziele gesunken seien - bis sich das einschleift, dauert es, meinte Walter Koch, Chef des KSV Forderungsmanagements.

Unternehmer gehen allerdings davon aus, dass sich die Zahlungsmoral 2021 deutlich verschlechtern wird. 40 Prozent der Unternehmen erwarten, dass wegen der Auswirkungen der Pandemie nur die finanzstärksten Unternehmen überleben werden und 39 Prozent rechnen mit langfristig hohen Arbeitslosenzahlen. Viele wüssten momentan nicht, wie es Geschäftspartnern wirklich gehe. Weil viele Stundungen noch bis Jänner 2021 laufen, verfügen viele Firmen über Scheinliquidität, so Vybiral.

Punkto Zahlungsmoral sind Private weiterhin am vorbildlichsten, sie zahlen ihre Rechnungen nach 13 Tagen und sind damit sogar um zwei Tage schneller als im Vorjahr. "Wir sehen einen sensibleren Umgang mit Zahlungen", so Koch. Viele Menschen würden aktuell darauf achten, ihren finanziellen Haushalt in Ordnung zu halten. Danach kommen Firmen (24 Tage), deren Zahlungsdauer sich um fünf Tage verbesserte - trotz verkürzter Zahlungsziele und eines um einen Tag erhöhten Zahlungsverzugs. Das sei absolut positiv, meinte Koch. Gemeinden und Länder begleichen ausstehende Zahlungen nach 29 beziehungsweise 36 Tagen und stagnieren damit auf dem Vorjahresniveau. Beim Bund liegt die Zahlungsdauer laut der Erhebung aktuell sogar bei 49 Tagen. Damit hat sich die Zahlungsdauer der Bundesbehörden gegenüber dem Vorjahr um 13 Tage verschlechtert. "Diese immense Verschlechterung ist wohl auch darauf zurückzuführen, dass zahlreiche Unternehmen unterschiedlichste Covid-19-Fördermittel beantragt haben, auf die sie gefühlt lange warten mussten", vermutet Koch. Da wurde subjektiver Frust hineinprojiziert, meinte Vybiral.

Für die Umfrage wurden im August österreichweit 1.200 Unternehmen befragt. Demnach sind 9 von 10 Firmen von den Auswirkungen der Pandemie betroffen. Wobei kleine Unternehmen deutlich stärker leiden als große. 43 Prozent der Kleinstunternehmen mit bis zu 1 Mio. Euro Umsatz zeigten sich sehr stark beziehungsweise stark von der Corona-Krise betroffen. Bei Kleinunternehmen (bis 9,99 Mio. Euro) waren es 42 Prozent, bei den mittleren (bis 49,99 Mio. Euro) 22 Prozent. "Das ist sehr bedenklich", meinte Vybiral. Ein anderes Bild zeigt sich bei den Großunternehmen, nur 15 Prozent gaben an, sehr stark beziehungsweise stark betroffen zu sein. Größere Unternehmen hätten in den letzten Jahren sehr gut gewirtschaftet und, im Gegensatz zu kleinen Unternehmen, Eigenkapitalpolster aufbauen können, so die Erklärung des KSV.

Mit Blick auf die Branchen wurden nach eigener Einschätzung besonders Verkehr/Nachrichtenübermittlung, Gastgewerbe und Freizeitwirtschaft von der Krise gebeutelt. Einigermaßen verschont blieben EDV, Bergbau/Energie sowie Land/Tiere/Forstwirtschaft. Bei 36 Prozent der Firmen brachen die Geschäfte zum Teil deutlich ein, weitere 30 Prozent berichteten von einer stabilen Umsatzentwicklung. Nur noch 34 Prozent der Unternehmen können ihre Umsätze heuer steigern.

Investiert wird trotzdem

Trotz Krise nehmen 30 Prozent wie geplant Geld in die Hand. Weitere 15 Prozent investieren zwar, allerdings weniger als sie eigentlich vorhatten und 10 Prozent können geplante Investitionen vorerst nicht tätigen. "Größere Unternehmen halten an ihren Investitionsplänen fest", so Vybiral. Vor allem in Bau und IT werde weiter investiert. Besonders in Vorarlberg, Tirol und Oberösterreich werden geplante Projekte umgesetzt, in Wien und Niederösterreich hingegen mussten viele Investitionen gestoppt werden.

Bei den Insolvenzen erwarte man im kommenden Jahr zweistellige Zuwächse. Entscheidend werde dabei auch sein, wie die Regierung mit Stundungen umgehen wird, ob es etwa ein Stundungsmanagement geben wird. "Es muss irgendwann einmal eine Bereinigung stattfinden", meinte Vybiral. Unternehmen, die in Schieflage sind, sollten allerdings bereits jetzt versuchen, Sanierungsverfahren einzuleiten, um Schulden hinter sich zu lassen, so Vybiral. Gläubiger seien aktuell großzügiger und würden eher einem Schuldenschnitt zustimmen. Die Stigmatisierung von Insolvenzen soll abgebaut werden - sie sollen nicht als Scheitern sondern als zweite Chance gesehen werden, wünscht sich der KSV-Chef langfristig.

Für Unternehmer charakteristisch, blicken 63 Prozent trotz allem mit Optimismus in die Zukunft. Die starken Unternehmen werden entscheidend dafür sein, auch die kleineren mitzuziehen, so Vybiral. Besonders im Westen sei der Optimismus aktuell groß.

(APA)

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