Dass in einzelnen islamischen Ländern gesteinigt wird, ist menschenverachtend. Für einen Showdown zwischen Christentum und Islam eignet sich die Thematik allerdings nicht.
Zweifelsohne, das Thema scheint sich exzellent für eine Neuauflage des altbekannten „Kulturkampfes“ zwischen Westen und Islam zu eignen: die (abgehaltenen und angedrohten) Steinigungen in einigen muslimischen Ländern. Eine archaische Brutalität schwappt da herüber in die Gegenwart, übertragen durch unscharfe Clips von Handykameras, abrufbar im Internet.
Diese Tötungsmethode lässt den Europäer schaudern – zumal es auch in unseren geografischen Breiten noch eine dumpfe Erinnerung daran gibt. Das war doch damals, im Altertum, im Mittelalter. Dass diese Praxis zum „eigenen“ kulturellen Repertoire gehört, erleichtert die Konfrontation damit nicht unbedingt.
Steinigung ist zweifelsohne menschenverachtend (und in der Praxis vor allem frauenverachtend, sterben doch ungleich mehr „Sünderinnen“ auf diese Weise). Dennoch eignet sich die Thematik nicht für den Kampf der Giganten, Christentum versus Islam, und das nicht wegen der vergleichsweise geringen Zahl der Fälle. Der Großteil der islamisch geprägten Länder hat die Steinigung eben nicht in seinem Rechtsrepertoire, die schwarzen Schafe unter den Staaten lassen sich an einer Hand abzählen. Wichtiger wäre die tatkräftige Unterstützung zivilgesellschaftlicher Strukturen und jener Handvoll Reformer in den betroffenen Ländern, damit die Steinigung in Zukunft als das betrachtet wird, was sie ist: ein Relikt der Historie, das einen schaudern lässt.
jutta.sommerbauer@diepresse.com
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2010)