Neuansteckungen

Italien: Auf Straßen wird Flanieren erschwert, in Gefängnissen breitet sich Corona aus

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ITALY-HEALTH-VIRUSAPA/AFP/FILIPPO MONTEFORTE
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Venetien und Friaul schließen Zugänge zu den Stränden, Rom kontrolliert Zugang zu Shoppingmeilen. Und: In den vergangenen zwei Wochen ist die Zahl der Ansteckungen in den italienischen Gefängnissen um 600 Prozent gestiegen.

In den vergangenen zwei Wochen ist die Zahl der Covid 19-Ansteckungen in den italienischen Gefängnissen stark gestiegen - und zwar um 600 Prozent. Davor warnte der Gewerkschaftsverband der italienischen Gefängnisaufseher (OSAPP) in einem Brief an Justizminister Alfonso Bonafede. Angesichts der Übervölkerung in vielen italienischen Haftanstalten sei die Einhaltung von Anti-Covid-19-Regeln sehr schwierig, hieß es im Schreiben.

Am vergangenen Sonntag wurden 1265 Gefängnisaufseher und -insassen positiv auf das Coronavirus getestet. Das sind vier Mal mehr als die 344 positiv getesteten Personen vor 13 Tagen, berichtete der Gewerkschaftsverband. Besonders betroffen seien Haftanstalten in Mailand und Neapel, in denen sich 60 Prozent der Häftlinge und der Gefängnisaufseher mit SARS-CoV-2 infiziert haben. Die meisten Insassen wurden im Gefängnis behandelt.

Bei Revolten im Frühjahr starben zwölf Menschen

Nachdem Italien Ende Februar als erstes Land in Europa von der Coronavirus-Epidemie betroffen wurde, waren in den Gefängnissen Revolten ausgebrochen, die seit Jahren unter Überlastung leiden, wie Menschenrechtsorganisationen immer wieder betonten. Die Insassen protestierten gegen Einschränkungen beim Besuch von Angehörigen. Bei den Revolten starben mindestens zwölf Menschen, die meisten von ihnen an Drogen-Überdosis, nachdem sie in den Ambulanzen der Gefängnisse Medikamente geplündert hatten. 54.900 Personen sind in den italienischen Gefängnissen inhaftiert, in denen es eigentlich nur Platz für maximal 50.500 Menschen gäbe.

Im vergangenen Frühjahr hatte die Regierung zur Entlastung der Strafanstalten mehrere ältere Häftlinge freigelassen oder unter Hausarrest gestellt, darunter 300 Mafiosi und Drogendealer. Damit hatte sich der Justizminister herbe Kritik zugezogen, woraufhin die Maßnahmen rückgängig gemacht wurden.

Italien verschärft Regeln: Flanieren verboten

Abseits des Gefängnisses will Italien angesichts der hohen Zahl von Coronavirus-Infektionen das Flanieren verhindern: So ergreifen die Behörden strenge Maßnahmen gegen Ansammlungen in den Stadtzentren, nachdem sonnenhungrige Bürger angesichts sommerlicher Temperaturen am vergangenen Wochenende in die Stadtzentren und an die Strände geströmt waren.

In den drei norditalienischen Regionen Venetien, Friaul Julisch Venetien und Emilia Romagna dürfen Menschen ab Samstag nicht mehr auf Straßen und Plätzen der Stadtkerne spazieren gehen. Auch der Zugang zu den Stränden soll verboten werden. In Parkanlagen kann man Sport nur dann betreiben, wenn ein Abstand von zwei Metern eingehalten werden kann. Märkte im Freien werden geschlossen, wenn sie nicht getrennte Ein- und Ausgänge haben.

In Verona erließ Bürgermeister Federico Sboarina eine Verordnung, laut der man nicht mehr auf Plätzen herumstehen darf. "Wir rufen die Bürger auf, damit unsere Region nicht zur 'roten Zone' erklärt wird", sagte der Präsident Venetiens, Luca Zaia.

Hubschrauber kontrollieren Menschenansammlungen

In Rom sollen am Wochenende zwei U-Bahn-Stationen unweit der beliebtesten Shoppingstraßen im Zentrum geschlossen bleiben. Der Zugang zu den Einkaufsmeilen unweit der Spanischen Treppe soll von Sicherheitskräften geregelt werden. Mit Lautsprechern soll an die Anti-Covid-19-Regeln erinnert werden, beschloss ein Sicherheitskomitee um den römischen Präfekten. Hubschrauber sollen kontrollieren, dass es zu keinen Ansammlungen kommt.

In Neapel sollen mehr Polizisten eingesetzt werden, um einen Andrang wie am vergangenen Wochenende zu vermeiden, als sonnenhungrige Bürger in Massen am Meeresufer und im Stadtkern flanierten.

In Italien ist am Donnerstag die Zahl der Coronavirus-Todesopfer weiter gestiegen: 636 Tote wurden in 24 Stunden verzeichnet, das ist der höchste Stand seit dem 6. April. Am Vortag waren es 623. Die Zahl der Neuinfizierten stieg in 24 Stunden von 32.961 auf 37.978. Innerhalb von 24 Stunden wurden 234.672 Tests durchgeführt.

(Apa)

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